Toxisches Wasserstoffperoxid
In hohen millimolaren Konzentrationen, die nur durch intravenöse Applikation erreicht werden können, wirkt Vitamin C als Prooxidans und führt zur Bildung von Wasserstoffperoxid, das in der Lage ist, Tumorzellen zu schädigen (16). Dabei scheint es sich um einen indirekten Wirkmechanismus zu handeln.
Durch die exzessive Vitamin-C-induzierte Reduktion von Metallkationen wie Eisen und Kupfer in Enzym- und Proteinkomplexen sind diese wiederum in der Lage, Elektronen auf Sauerstoff zu übertragen, was zu einer Bildung von Wasserstoffperoxid in der Tumorzelle führt. Dieser Mechanismus konnte an verschiedenen Tumorzelllinien nachgewiesen werden und wurde in Studien an Ratten und Mäusen bestätigt (17, 18).
Solange das Vitamin C im Blut zirkuliert, wird nur wenig Wasserstoffperoxid produziert. Grund hierfür scheint zu sein, dass Wasserstoffperoxid durch das Glutathionsystem in den Erythrozyten und im Plasma effizient entgiftet wird. Erst wenn Vitamin C aus der Blutbahn ins Interstitium übertritt, kommt es zu einer intensiven Bildung von Wasserstoffperoxid, welches dann als zytotoxisches Molekül selektiv Tumorzellen schädigen kann.
Diskutiert wird, dass das extrazelluläre Wasserstoffperoxid in die Tumorzellen diffundiert und dort seine zytotoxische Wirkung über einen ATP-Mangel entfaltet. Weiterhin schädigt es offenbar die Zellmembranen sowie die DNA und beeinträchtigt den Glucosestoffwechsel. Die Wirkung scheint spezifisch bei Tumorzellen zu sein, weil diese im Gegensatz zu gesunden Zellen häufig keine oder nur geringe Aktivitäten von antioxidativen Enzymen wie Katalase, Glutathionperoxidase und Superoxiddismutase aufweisen, die in der Lage wären, Wasserstoffperoxid zu entgiften (19).
In einer Tierstudie wurde die Wirkung von hoch dosiertem parenteral appliziertem Vitamin C auf drei Tumorentitäten untersucht. Zum einen wurde der Wasserstoffperoxid-Gehalt im Blut und im Interstitium, zum anderen der Einfluss auf das Tumorwachstum gemessen. Bei den Tieren mit intravenöser Vitamin-C-Gabe konnten hohe Konzentrationen an Wasserstoffperoxid im Interstitium, nicht aber im Blut nachgewiesen werden. Zudem reduzierte die Vitamin-C-Infusion das Tumorgewicht und -wachstum um 41 bis 53 Prozent. Bei den Mäusen mit Glioblastomen konnte darüber hinaus die Metastasenbildung verhindert werden (20).
Oft komplette Remission
Eine weitere Möglichkeit, wie Vitamin C eine Wirkung auf Tumorzellen ausüben kann, stellt die Modulation des Hypoxie-Induzierten Faktors HIF dar. Hierbei handelt es sich um einen Transkriptionsfaktor, der eine wichtige Rolle in der Zelle bei Minderversorgung mit Sauerstoff spielt. HIF ist ein Heterodimer, bestehend aus einer a- und b-Untereinheit, wobei die a-Untereinheit an zwei konservierten Prolin-Molekülen hydroxyliert werden kann (21).
Diese Hydroxylierung erfolgt durch die HIF-Hydroxylasen, die als Kosubstrate neben Sauerstoff auch Vitamin C benötigen (22). Sind diese in ausreichender Menge vorhanden, erfolgt ein Abbau des HIF über das Proteasom. Tritt eine Hypoxie und/oder ein Vitamin-C-Mangel auf, kann HIF nicht mehr hydroxyliert und abgebaut werden. Im Zellkern kann HIF dann als Transkriptionsfaktor wirksam werden.
Tatsächlich findet man bei vielen Tumorarten aufgrund des raschen Wachstums und der schlechten Blutversorgung häufig hypoxische Bedingungen. Zudem kann bei vielen Tumorpatienten ein niedriger Vitamin-C-Plasmaspiegel nachgewiesen werden (23, 24).
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