Hepatische Enzephalopathie - Entstehung, Verlauf, Therapie
Informationen aus der Naturheilpraxis von René Gräber

Viele unterschiedliche Erkrankungen beeinflussen auch die Leistung der Leber. Ist diese in ihrer
Entgiftungsfunktion gestört, kann sich beim Betroffenen ein Symptomkomplex ausbilden, der mit dem Begriff
hepatische Enzephalopathie (HE) gekennzeichnet wird.
Hierbei entwickelt sich ein ausgedehntes neuropsychiatrisches Syndrom, welches im Speziellen zu
Bewusstseinsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten führt und im Verlauf letal verlaufen kann.
Die hepatische Enzephalopathie ist Zeichen eines akuten Leberversagens, kann
aber auch durch eine chronische Lebererkrankung mit einhergehender Leberzirrhose
verursacht werden (50 bis 70 Prozent aller an Leberzirrhose Erkrankten weisen Symptome dieser Enzephalopathie auf).
Während die hepatische Enzephalopathie bei einem akuten Leberversagen durch ein
Hirnödem (hohe Sterblichkeitsrate) und den dadurch erhöhten Hirndruck verursacht wird (und innerhalb von wenigen
Stunden zu Koma und Tod führt), sind verschiedene Ursachen für die Ausprägung bei chronischen Lebererkrankungen verantwortlich.
Hauptauslöser ist eine Hyperammonämie (erhöhter Ammoniakgehalt im Blut, z.B. durch
gastrointestinale Blutungen, proteinreiche Nahrung. Daneben können auch Störungen der Volumenhomöostase (Homöostase
= Selbstregulation), z.B. durch Erbrechen und
Durchfall, sowie der Elektrolythomöostase (z.B.
durch Niereninsuffizienz) für die
hepatische Enzephalopathie verantwortlich sein.
Alle genannten Faktoren beeinflussen das zentrale Nervensystem (ZNS). Hier kommt es zu einer
Umstrukturierung von Gliazellen (Astrozyten), die an Volumen zunehmen (anschwellen) und so die normale
Kommunikation der Nerven (deren Impulse) verhindern. Zusätzlich ist die zerebrale Durchblutung gestört (=
Minderdurchblutung des Gehirns) - Durchblutungsstörungen.
Bei chronischen Leberleiden entwickelt sich die hepatische Enzephalopathie (im Unterschied zur akuten Form) sehr
langsam. Der Beginn zeichnet sich häufig durch ein latentes (subklinisches) Stadium ab, bei dem nur die Feinmotorik
und Koordinationsfähigkeit beeinträchtigt sind (ca. 40 Prozent der Fälle). Diese Form muss nicht zwangsläufig zur
manifesten hepatischen Enzephalopathie, die sich in vier Stadien gliedert, führen, sondern kann im subklinischen
Stadium persistieren.
Stadium I weist meist nur schwache Symptome auf. Es kann zu Schlaf- und
Konzentrationsstörungen, Verstimmtheit, Euphorie und erhöhter Erregbarkeit kommen. Zusätzlich zeigt sich ein
leichtes Zittern der Finger.
Der „Flapping tremor“ (unwillkürliche Kontraktionen bestimmter Muskelgruppen) ist Kennzeichen des
Stadiums II. Zusätzlich erscheinen Müdigkeit und starker Gähnreiz,
Gedächtnisstörungen, Persönlichkeitsveränderungen, langsamer Verlust von Zeit- und Raumgefühl sowie ständiges
Nesteln.
Das Stadium III führt beim Betroffenen zu Somnolenz (starke Schläfrigkeit), unklarer
Aussprache, starker Verwirrtheit, Stupor (Starrezustand des Körpers bei wachem Bewusstseins) und Rigidität
(Muskelsteifigkeit, - starre).
Stadium IV beschreibt den komatösen Zustand, bei dem zu Beginn Schmerzreize noch zu Reaktionen
führen (Stadium IVa), die im Verlauf nicht mehr nachweisbar sind (Stadium IVb).
Die chronisch-persistierende hepatische Enzephalopathie ist gekennzeichnet durch Phasen
vermehrter Symptome, die sich mit symptomfreien Phasen
abwechseln.
Kommt es bei einem chronischen Leberleiden zu einer akuten (plötzlich einsetzenden)
Enzephalopathie, liegt die auslösende Ursache nicht bei der Leber selbst. Durch spezielle Tests kann dies
nachgewiesen werden, so dass die Ursache gut therapiert werden kann. Nach Behandlung besteht aber dennoch das
Risiko der Ausbildung einer manifesten hepatischen Enzephalopathie.
Neben der gezielten Leberuntersuchung (Feststellung eines Leberleidens) bedient sich die Diagnostik
verschiedener Tests zur "Wesensprüfung" (Psychomotorik) und zur Ermittlung der neuromuskulären Funktion. Die
Erkrankung lässt sich weder durch Blutuntersuchungen noch apparative Hilfsmittel (z.B. EEG) definitiv nachweisen,
so dass v.a. die direkte Befragung, Lern- und Schreibtests sowie Denksportaufgaben eingesetzt werden.
Die schulmedizinische Therapie zielt vornehmlich auf eine Beseitigung des auslösenden Faktors ab. Dabei können
u.a. diätetische Maßnahmen, die vermehrte Gabe von Laktulose oder Aminosäuren, spezielle Medikamente und das
Unterbinden einer gastrointestinalen Blutung den Heilungsprozess begünstigen.
Bei frühzeitiger Therapie können Symptome auch mit Hilfe der
Schulmedizin relativ rasch gelindert werden.
Die hepatische Enzephalopathie kennzeichnet sich durch ihre Reversibilität aus. Je weiter jedoch der
Symptomkomplex an Intensität zunimmt (Stadium III und IV), desto höher ist die Gefahr eines tödlichen Ausgangs.
Gastrointestinale Blutungen führen in ca. 30 Prozent der Erkrankungen zum Tod. Ebenso verhält es sich beim
akuten Leberversagen, wo die Letalitätsrate bis zu 80 Prozent betragen kann (wobei die hepatische Enzephalopathie
aber meist nicht kausal ist).
Dieser Beitrag wurde letztmalig am 19.07.2012 aktualisiert
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