Unhygienischer als Klobrillen?

Ein gepflegter Bart ist für viele ein Ausdruck von Männlichkeit – oder eben nur ein modischer Restposten vergangener Hipsterzeiten. Doch immer wieder flammt eine absurde Behauptung auf, die sich hartnäckig hält: Der Bart sei unhygienischer als eine Klobrille. So stand es in Zeitungen, wurde in Talkshows zitiert und geistert seit Jahren durchs Netz – wie ein Bakterium auf Sinnsuche.

Manche fühlen sich durch solche Meldungen tatsächlich zum Rasierer gedrängt, andere kontern mit Studien, die das Gegenteil nahelegen. Ich bin dieser Sache einmal auf den Grund gegangen – nicht nur mit einem Blick auf die sogenannte Wissenschaft, sondern auch mit einem Schmunzeln im Gesicht. Denn wenn wir beginnen, unseren Körper in Keimen zu messen, verlieren wir schnell das Wesentliche aus den Augen: die Bedeutung eines gesunden Mikrobioms, guter Pflege, echter Hygiene und der Fähigkeit zur Selbstregulation – mit oder ohne Bart.

Was wirklich zählt, ist nicht die Haarpracht, sondern das Milieu. Und genau darum geht es in diesem Beitrag.

Was sagt die „Wissenschaft“

Laut wissenschaftlichen Untersuchungen gibt es, wie bei der normalen Behaarung auch, Unmengen an Mikroorganismen, die das Haar bevölkern. Aber es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Mengen die von Klobrillen übersteigen. Man braucht sich also noch nicht zu rasieren. Wenn doch, dann müsste man auch darüber nachdenken, die gesamte Körperbehaarung zu entfernen, wozu es keinen Anlass gibt.

Der Grund für den Verdacht, dass Bärte unhygienischer als Klobrillen seien, stammt aus den 1960er Jahren, als der Mikrobiologe Manuel Barbeito und seine Kollegen eine Studie unternahmen, wo sie Bakterien in die Bärte der Teilnehmer sprühten und dann feststellten, dass diese Bakterien vor Ort verblieben, trotz Waschen mit Seifen und Wasser. [1]

Microbiological Laboratory Hazard of Bearded Men – PMC
(https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC547091/)

Jahre später wurde dieses Thema nochmals aufgenommen, wobei die Bakterienbesiedlung in Bärten mit der von Klobrillen verglichen wurde. Eine Arbeit, die einen direkten Vergleich diesbezüglich unternahm, scheint es nicht zu geben. Aber andere Untersuchungen zur bakteriellen Besiedlung von Bärten erzeugten ein Bild, dass indirekte Vergleiche mit den Klobrillen nahelegten. [2]

The effect of facial hair and sex on the dispersal of bacteria below a masked subject – McLure – 2000 – Anaesthesia – Wiley Online Library
(https://associationofanaesthetists-publications.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1046/j.1365-2044.2000.055002173.x)

Diese Arbeit belegte, dass Männer mit Bart mehr Bakterien absonderten als gut rasierte Männer. Soweit, so gut. Das sagt noch nichts über die Art der Bakterien aus, die an die Mitmenschen verteilt werden. Denn nicht alle Bakterien sind „böse“. Es gibt etliche, die nicht nur unbedenklich oder „gut“ sind, sondern sogar für unser Überleben unentbehrlich. Ob die sich auch auf den Klobrillen befinden, weiß ich nicht. Vielleicht nicht, denn die Menschheit überlebte auch ohne Klobrillen.

Die Gegendarstellung

Eine Studie mit über 400 männlichen Mitarbeitern im Gesundheitswesen ergab jedoch, dass Männer mit Gesichtsbehaarung nicht mehr Bakterien in sich trugen als ihre glattrasierten Kollegen. Bestimmte Erreger, die Haut- und andere Infektionen verursachen können, waren bei Männern ohne Gesichtsbehaarung sogar häufiger. Die Forscher vermuteten, dass die Mikroverletzungen der Haut durch die Rasur glattrasierte Männer anfälliger für diese Organismen machen könnten. [3]

Bacterial ecology of hospital workers‘ facial hair: a cross-sectional study – Journal of Hospital Infection
(https://www.journalofhospitalinfection.com/article/S0195-6701(14)00090-5/fulltext)

Also doch lieber einen Bart? Ist jetzt der rasierte Mann auf einmal so gefährlich wie eine Klobrille?

Fazit

Ich glaube, dass dieses Thema ein „Streit um des Kaisers Bart“ sein dürfte. Die unterschiedlichen Ergebnisse „wissenschaftlicher“ Untersuchungen belegen, dass hier die Existenz von Bakterien nicht das Problem sein kann. Denn die existieren auch ohne Bärte. Und Hygiene ist mit und ohne Bart eine Tugend – und rund um die Klobrille.

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Beitragsbild: pixabay.com – derneuemann

[1]     Microbiological Laboratory Hazard of Bearded Men – PMC
(https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC547091/)

[2]     The effect of facial hair and sex on the dispersal of bacteria below a masked subject – McLure – 2000 – Anaesthesia – Wiley Online Library
(https://associationofanaesthetists-publications.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1046/j.1365-2044.2000.055002173.x)

[3]     Bacterial ecology of hospital workers‘ facial hair: a cross-sectional study – Journal of Hospital Infection
(https://www.journalofhospitalinfection.com/article/S0195-6701(14)00090-5/fulltext)

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