Henrietta Lacks starb am 4. Oktober 1951 an den Folgen ihrer Krebserkrankung. Weder sie noch ihr Mann, weder ihre fünf Kinder noch ihre Enkelkinder erhielten auch nur einen Cent aus den Gewinnen, die mit HeLa-Zellen verdient wurden, die Familie war bettelarm.
Es ist der 9. Februar 1951. In der Frauenklinik des Johns Hopkins Krankenhauses von Baltimore liegt eine 31-jährige Frau mit Zervixkarzinom auf dem Operationstisch. Dr. Lawrence Wharton Jr., der diensthabende Chirurg, bereitet sich auf eine Radiumtherapie vor.
Doch als erstes schneidet er der Patientin mit einem Skalpell zwei münzgroße Gewebestücke vom Gebärmutterhals, eines aus dem Tumor, ein anderes aus dem benachbarten gesunden Gewebe. Die Gewebeproben lässt er Dr. George Gey, Leiter der Abteilung für Gewebekulturforschung am Hopkins-Krankenhaus, zukommen.
Zur Info: Das Johns Hopkins Krankenhaus war zum damaligen Zeitpunkt das einzige Krankenhaus, welches armen Afro-Amerikanern eine kostenlose Behandlung ermöglichte.
Bis zu jenen Wochen im Februar des Jahres 1951 war es noch niemandem gelungen, menschliche Zellen künstlich am Leben zu erhalten. Die Krebszellen von Henrietta Lacks jedoch begannen sich in Geys Labor nach wenigen Tagen zu teilen.
Nicht nur das: Sie vermehrten sich in einer Geschwindigkeit, die schon fast beängstigend war. Die Zahl der Zellen verdoppelte sich alle 24 Stunden. Schon bald gab Gey HeLa-Zellen an Kollegen weiter, die in der Krebsforschung tätig waren. Der weltweite Siegeszug der HeLa-Zellen begann.
In ihrem großartig und oft warmherzig erzählten Sachbuch verwebt Rebecca Skloot mehrere Geschichten: Die Geschichte einer medizinischen Revolution, die sich jenseits ethischer Bedenken vollzieht; die tragische Geschichte einer Familie, die von Rassismus und Armut geprägt ist; und nicht zuletzt die Geschichte einer Freundschaft zwischen einer Wissenschaftsjournalistin und einer Tochter, die erst 24 Jahre nach dem Tod ihrer Mutter erfährt, dass mit deren Zellen weltweit geforscht und verdient wird.
"Is doch verrückt. Die Leute sind durch meine Mutter reich geworden, und wir haben nicht mal gewusst, dass sie ihre Zellen genommen haben, und wir haben keinen Penny gekriegt.", so die Tochter Deborah in einem Interview mit Rebecca.
Das Buch ist interessant aufgebaut, es wechselt regelmäßig ein Kapitel über die gesamte Familie der Henrietta Lacks und die Versuche Rebeccas zur Kontaktaufnahme, mit einem Kapitel über die Behandlung und die Tortur Henriettas. Henrietta wurde regelrecht todbestrahlt durch die Radiumtherapie, die sie äußerlich und auch innerlich bekam. Kurz vor ihrem Tod lag Henrietta vor Schmerzen stocksteif in ihrem Krankenbett, ihr gesamter Unterleib war kohlrabenschwarz verbrannt.
Henrietta Lacks wurde Anfang Oktober 1951 in einem kleinen Wäldchen begraben, ihre genaue Grabstelle ist unbekannt, einen Grabstein gibt es nicht. Lediglich eine Holztafel erinnert an sie.

Rebecca Sklooth

brauchte mehrere Jahre für ihre Recherchen zum Buch, etliche Familienangehörige weigerten sich zunächst einem Interview der Wissenschaftsjournalistin zuzustimmen. Nur durch Einfühlungsvermögen und höfliche Hartnäckigkeit gelang es Rebecca Sklooth im Laufe der Jahre dennoch, sämtliche Familienangehörige, die über die gesamten USA verstreut leben, zu interviewen.
Rebecca Skloot erhielt für "Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks", unter anderen den Wellcome Trust Book Prize. Ihr Buch ist inzwischen in 18 Sprachen übersetzt. Mit den Verkaufserlösen hat sie die Henrietta Lacks Foundationˍ gegründet, einen Stipendienfonds für die Nachkommen der unfreiwilligen Zellspenderin.
Ein tolles Buch, das ich wirklich jedem empfehlen kann.
Erschienen im Irisiana Verlag, München 2010. 512 Seiten, ca. 20,-- EUR (wahrscheinlich nur noch über ein Antiquariat zu bekommen. Oder über das unsägliche Amazonasgebiet)


