Lieber Robin,
danke für deinen Beitrag zur Breuß-Kur. Ich stimme dir in einem Punkt zu: Fasten kann ein kraftvoller Impuls im Rahmen einer Krebsbegleitung sein – vor allem über Signalweg-Mechanismen wie mTOR- oder IGF-1-Hemmung. Aber es ist mir zu einseitig und pauschal formuliert, wenn du sagst, Krebszellen „verhungern“ einfach bei Kohlenhydratentzug oder würden sich generell nicht über Sauerstoff ernähren.
1. Krebs ist nicht gleich Krebs
Die Vorstellung, alle Tumorzellen würden ausschließlich auf anaerobe Glykolyse angewiesen sein, ist nicht haltbar. Zwar ist der Warburg-Effekt bei vielen soliden Tumoren beobachtbar – also die bevorzugte Zuckerfermentation trotz vorhandenen Sauerstoffs – dennoch gibt es Tumoren (z.B. Prostata-Ca, bestimmte Gliome), die sehr wohl mitochondrial aktiv sind und Sauerstoff verwerten. Manche Krebszellen sind metabolisch flexibel – sie schalten je nach Milieu von Zucker auf Aminosäuren oder Fettsäuren um. Das ist wichtig zu wissen, bevor man davon ausgeht, dass eine Zuckerentzugskur zur „Verhungerung“ führt.
2. Fasten kann wertvoll sein – aber nicht isoliert
Fasten ist keine Allzweckwaffe, sondern ein therapeutischer Impuls – ähnlich wie Hyperthermie, Enzymtherapie, Immunmodulation, gezielte Phytotherapie etc. Eine Breuß-Kur kann als Teil einer natürlichen Strategie genutzt werden, aber nicht als Einzellösung – vor allem nicht über 42 Tage ohne individuelle Anpassung. Jeder Tumor hat seine „Achillesferse“, aber die ist nicht bei allen gleich. Es gibt sogar Tumorformen, die unter längerem Fasten aggressiver werden – z.B. durch Autophagie-getriebene Resistenzmechanismen.
3. Ganzheitlichkeit heißt Individualität
Statt starrer Protokolle brauchen wir individuelle Therapiekonzepte. Dazu gehört auch, bestimmte Tumormarker, Rezeptorstatus, Mutationen oder Pathologieberichte zu verstehen – nicht, um gleich schulmedizinisch mit Chemo oder Bestrahlung zu reagieren, sondern um gezielt alternative oder komplementäre Maßnahmen einzuleiten, die auf den Tumor passen. Wenn mTOR, VEGF, Östrogenrezeptoren, PD-L1 oder KRAS-Mutationen bekannt sind, kann man auch mit Pflanzenstoffen (Curcumin, Berberin, Sulforaphan, Quercetin etc.) ganz gezielt eingreifen – aber eben fundiert und nicht pauschal.
4. Amygdalin (B17): Potenzial ja – aber bitte vorsichtig
Ich kenne die Argumente rund um Amygdalin – und ich sehe auch das Potenzial, vor allem im Kontext natürlicher Zyanogene, wenn Leber und Entgiftungskapazität stimmen. Dennoch sollte man wissen, dass viele „B17-Therapien“ auf Annahmen beruhen, nicht auf reproduzierbaren Daten. Es ist ein Unterschied, ob jemand sporadisch bittere Kerne kaut oder hohe Dosen Amygdalin i.v. bekommt – letzteres birgt Risiken, die man nicht ausblenden sollte. Auch hier gilt: Kontext ist entscheidend – Stoffwechsel, Enzymausstattung, Begleittherapien.
Fazit: Ich bin ebenfalls für natürliche, individuelle Krebsstrategien offen. Aber ich plädiere für Differenzierung statt Dogmatik – sowohl auf schulmedizinischer als auch auf naturheilkundlicher Seite. Der Weg liegt in der Kombination aus Verständnis der Biologie und gezielter Regulation, nicht in starren Konzepten wie „Krebs verhungert bei Saftfasten“.
Beste Grüße
ENDOGEN