Es ist ein bisschen seltsam, heutzutage die Bibel zu zitieren, nachdem ich gerade an anderer Stelle zur vegetarischen Ernährung Bibelzitate gelesen hatte, nach denen sich die Menschen sehr eindeutig vegetarisch ernähren sollten.
An dieser Stelle so, an jener Stelle anders.
Die Bibel ist ja wohl nicht so eindeutig, dass man einfach eine Bibelstelle finden könnte, die alles erklärt. Dafür sind die Aussagen innerhalb der Bibel zu verschieden. kein Wunder, wurde das "Buch der Bücher" von verschiedenen Leutchen geschrieben und über Jahrhunderte hinweg. Und in den letzten 2.000 Jahren wurde ständig dran rummanipuliert, gestrichen, umgeschrieben, gerade so, wie es der kirchlichen Obrigkeit passte.
Man sollte sich also ansehen, was sich als Gesamtbild ergibt.
Laut Bibel ist der Mensch ja zunächst ein reiner Pflanzenfresser. Es gibt zwei Schöpfungsgeschichten in der Bibel, und beide erzählen davon, dass Gott den Menschen zunächst lediglich Früchte und alle Pflanzen, "die Samen tragen" erlaubte.
Das änderte sich dann aber im Laufe der biblischen Geschichte. Nach der Sintflut erlaubt Gott den Menschen nämlich ausdrücklich, dass sie "alles, was sich regt und lebt" essen dürfen, nur dürfe kein Blut mehr im Fleisch sei, weil darin (nach biblischem Verständnis) das Leben ist. Später kommen noch ausgesprochen viele Speisevorschriften hinzu, die den Fleischkonsum regeln und einschränken (vor allem sind der Genuss "unreiner" Tiere – zum Beispiel Schweine oder Shrimps verboten, sowie der gleichzeitige Verzehr von Fleisch- und Milchprodukten.
Niemals aber wird das Essen von Fleisch generell verboten oder auch nur in Frage gestellt. Im Gegenteil: Wenn ein Fest gefeiert wird, tut man das, indem man ein besonders wertvolles Tier schlachtet und zubereitet (Zum Beispiel in Lukas 15,23). Gott selbst "mag Fleisch", für die Brandopfer, die man für Gott am Tempel bringt, werden die schönsten und besten Tiere geschlachtet. Mit anderen Worten: Die Bibel kennt keinerlei ausdrückliche Anweisungen, warum ein Mensch auf Fleisch verzichten sollte. Selbst Jesus hat zum Passa-Fest Lamm gegessen, wie es üblich war. Steht, wenn ich nicht irre, beispielsweise irgendwo im Matthäus-Evangelium.
Das kirchliche Verbot, Fleisch zu essen, hat zumindest schon mal einen besonderen Grund - man wollte sich von anderen Völkern abgrenzen.
Und beim Thema Schwein ist die Begründung sowieso ziemlich bescheuert. Schweinbefleisch darf beispielsweise nach dem Koran und der Tora nicht gegessaen werden, da Schweine sich gerne im Dreck suhlen (was sie aber eben aus hygienischen Gründen machen, sie sind von daher eher als reine Tiere zu bezeichnen), sie übertragen Krankheiten, fressen Abfälle und manchmal sogar Aas und den eigenen Kot, daher gelten sie als unrein. Aber auch Ziegen und Hühner fressen in Notzeiten ihren eigenen Kot und können Krankheiten übertragen, sie gelten nun aber nicht als unrein, sie dürfen ohne Probleme gegessen werden.
Warum nun aber beispielsweise ausgerechnet das Schwein nicht?
Die schmuddelige Lebensweise der Schweine halten viele Wissenschaftler nicht für den eigentlichen Grund ihrer Unbeliebtheit, sie halten andere Ursachen für möglich:
Als Allesfresser konkurriert das Schwein in Zeiten der Not mit dem Menschen um Nahrung. Weil es außerdem keine Milch geben, keinen Pflug ziehen und niemand auf ihm reiten kann, nützt das Schwein wenig. Laut dem amerikanischen Anthropologen Marvin Harris verzichteten die Israeliten im Altertum deshalb schon lange vor dem Schweine-Verbot auf die Schweinezucht.
Im frühen östlichen Mittelmeer bedeutete das eine klare Abgrenzung zu anderen Völkern. Den Israeliten kam das entgegen, weil sie sich als monotheistische Gemeinschaft von den polytheistischen Schweinefans um sie herum abgrenzen wollten. Auf den Verzicht folgte das Verbot des Schweinefleischs, das bis in die Gegenwart Gruppengefühl und Identität unter den Juden stiftet.
Der Islam übernahm diese Ernährungsvorschrift, um sich bewusst in die Tradition des Judentums zu stellen. Gleichzeitig entstand aber auch das muslimische Alkoholverbot zur Abgrenzung vom Judaismus, erklärt der Religionswissenschaftler Michael Blume. "Durch das, was wir nicht essen, zeigen wir Menschen einander an, woran wir glauben und was uns wichtig ist."
All das hat also weniger mit der Bibel und dem Glauben zu tun, es sind mal wieder eher profane Gründe. Die sich die Pfaffen auf ihren Kanzeln zu eigen machten, um das Volk nach ihren Vorstellungen zu unterdrücken.