Die Bibel kennt keine gleichgeschlechtliche Liebe / Sex, aber starke Zuneigung zwischen Menschen gleichen Geschlechts - ich finde das ist schon was anderes.
Im 3. Buch Mose steht: „Wenn jemand bei einem Manne liegt wie bei einer Frau, so ist das ein Greuel und beide sollten des Todes sterben.“ (3. Mose 20, 13)
Der Apostel Paulus geht davon aus, dass Frauen und Männer sich aus Gottlosigkeit dem eigenen Geschlecht zuwenden (Römer 1, 26). Der Mensch liebe nur sich selbst. Das sei Sünde. So versteht Paulus Homosexualität. Eine Frau liebt eine Frau. Ein Mann liebt einen Mann. Nicht aus Selbstliebe, sondern weil der andere anders ist – das kommt im Weltbild des Paulus nicht vor.
Ist doch interessant, dass es bei Mose nur um gleichgeschlechtliche Liebe zwischen Männern geht, nicht aber um die zwischen Frauen. Und dass es dann später bei Paulus um beide Varianten geht.
Aber was meint Paulus genau? Das Zeremoniengesetz? Immerhin gibt es ja noch das Zivil-, Moral- und Gesundheitsgesetz.
Stellt also beispielsweise das Moralgesetz nicht den Willen Gottes klar? Nach Ansicht der Christen schon. Ich sehe das allerdings als ziemlich unvolkommen. Denn: Wie ist das Gebot "Du sollst nicht stehlen" zu verstehen? War es ein Gräuel, eine Sünde, ein Verstoß gegen Gottes Moralgesetz, als hungernde, frierende Menschen nach dem Krieg loszogen, um Kohlen und Lebensmittel zu "organisieren", um zu überleben?
Oder was halten wir von Dietrich Bonhoeffer, der zu den Männern gehörte, die im Sommer 1944 Hitler umbringen und so den Tod von Millionen von Menschen verhindern wollten? Ziehen wir seinen Glauben in Zweifel?
Das moralische Gesetz drückt den Willen Gottes nur unvollkommen und bruchteilhaft aus. Es geht in der Beziehung mit Gott nicht darum, Gesetzen zu folgen, sondern von Gesetzen frei zu sein und den Willen Gottes zu tun.
Wenn Du Zitate der Bibel anführst - wie ist dann Johannes 13, 34+35 zu verstehen:
"Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebt. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt."
Oder Johannes 15,12: "Dies ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, wie ich euch geliebt habe."
Und in Galater 5,6 ist zu lesen:
"Denn in Christus Jesus hat weder Beschneidung noch Unbeschnittensein irgendeine Kraft, sondern der durch die Liebe wirksame Glaube."
Die Bibel ist ein Sammelsurium verschiedenster Aufzeichnungen aus mehreren Jahrhunderten. Alles wurde mündlich überliefert und irgendwann aufgeschrieben. Bis heute wird an der Bibel herumgedoktert, jede Generation interpretiert die Bibel anders.
Und sie stammt ursprünglich aus dem Jüdischen. Diese Gesetze, die Gott den Juden auf ihrem Weg ins gelobte Land gab, waren für die Juden und nur für die Juden bestimmt. Sie wurden gegeben, um die Juden von anderen Völkern zu unterscheiden.
Es ist deutlich, dass das jüdische Gesetz in unserer Gesellschaft nicht mehr der Maßstab ist. Wenn man es zu einem Maßstab machen möchte, hat man Probleme: Es ist schwierig zu sagen, welches Gesetz dann noch gilt und welches nicht. Ein paar würden wir vielleicht abmildern (man muss ja nicht gleich die Homosexuellen töten...). Andere wiederum wollen wir gar nicht erst in die moderne Welt hineinbringen.
Für diese Schwierigkeit mit dem Gesetz gibt es einen guten Grund: Das jüdische Gesetz ist für Christen überhaupt nicht mehr der Maßstab. Es gilt nicht mehr. Kein einziges dieser Gesetze wurde für sie gemacht. Und deshalb ist auch das Gesetz vom homosexuellen Geschlechtsverkehr nicht für sie gültig.
Im Galaterbrief schreibt der Apostel Paulus wohl ausführlich darüber. Paulus schrieb seinen Brief an die Gemeinden in Galatien, weil folgendes passiert war: Jüdische Christen waren in die Gemeinde gekommen und predigten dort ein "anderes Evangelium" als Paulus es gepredigt hatte. Dieses "Evangelium" besagte, dass die Christen in Galatien auch die jüdischen Gesetze halten müssten, um von Gott akzeptiert zu werden. Paulus war entsetzt und verzweifelt und seine Reaktion entsprechend heftig. Er schrieb ihnen über das einzig wahre Evangelium, dass da lautet: Man wird nur durch den Glauben an Jesus Christus gerechtfertigt. Er erzählt von dem Apostelkonzil in Jerusalem, wo er dieses Evangelium erfolgreich verteidigt hat, und von einem Konflikt mit Petrus. Dieser hatte auch nicht dem Gesetz entsprechend gelebt, war aber aus Angst vor den jüdischen Christen wieder umgeschwenkt, woraufhin Paulus ihn als Heuchler entlarvte.
Fazit ist: Gott verwirft nicht die homosexuellen Christen. Jesus ist für Lesben und Schwule genauso am Kreuz gestorben, wie für alle anderen Menschen auch. Und genauso wie es den heterosexuellen Christen nicht aufgetragen wird, das jüdische Gesetz zu erfüllen, kann es auch den homosexuellen Christen nicht auferlegt werden. Das jüdische Gesetz ist kein Maßstab für unser Leben. Das einzige "Gesetz", dass für uns gilt, ist das Gesetz der Liebe.
So sehe ich die Dinge aus rationaler Sicht.