Neurodermitis – Naturheilkundliche und alternative Therapien [Evidenzbasierte Analyse]
Juckende Haut, schlaflose Nächte, entzündete Ekzeme – Neurodermitis kann zur täglichen Qual werden. Die Schulmedizin setzt auf Cremes, Cortison und Immunsuppressiva, doch viele Betroffene fragen sich: Gibt es nicht einen sanfteren Weg? Tatsächlich zeigt eine Auswertung aktueller Studien, dass pflanzliche Heilmittel, Ernährungstherapien und alternative Verfahren nicht nur Symptome lindern, sondern teils tiefgreifende Verbesserungen bringen können.
Allerdings ist das Bild nicht schwarz-weiß: Manche Methoden wirken erwiesenermaßen, andere sind reine Geldverschwendung. Und dann gibt es jene Verfahren, die wissenschaftlich schwer greifbar sind – wie Homöopathie und Bioresonanz. Ihre Wirksamkeit hängt maßgeblich vom Therapeuten ab: Die richtige Fallaufnahme, das exakt passende Mittel – oder die präzise Frequenzwahl – entscheiden über Erfolg oder Misserfolg. Genau das kann keine Studie mit standardisierten Kriterien korrekt abbilden, schon gar nicht, wenn nur klinische Symptome herangezogen werden. Die Praxis zeigt: Mit der richtigen Anwendung können einige dieser Heilverfahren eine erstaunliche Wirkung entfalten.
Noch eine wichtige Bemerkung vorab:
Bevor man sich auf die Studienlage verlässt (die ich gleich unten ausführe), sollte man einige kritische Punkte im Hinterkopf behalten: Es gibt in der Medizin-Forschung klare wirtschaftliche Interessen. Da sich mit nicht-patentierbaren Naturheilmitteln kaum Geld verdienen lässt, fließt in deren Untersuchung nur ein Bruchteil der Mittel, die für neue Pharmaprodukte zur Verfügung stehen. Es gibt Hinweise darauf, dass manche Studien gezielt so konzipiert werden, dass sie einen negativen Effekt zeigen – sei es durch zu niedrige Dosierungen, zu kurze Behandlungszeiträume oder ungeeignete Endpunkte. All das bedeutet nicht, dass man Studienergebnisse ignorieren sollte, aber sie sind immer mit einem kritischen Blick zu betrachten.
Beginnen wir also mit einer kurzen Definition des Problems und gehen dann ausführlich auf die Studienlage der Verfahren der Naturheilkunde und Alternativmedizin ein.
Definition und Klinik: Atopische Dermatitis (AD, Neurodermitis) ist eine chronisch-entzündliche, stark juckende Hauterkrankung aus dem atopischen Formenkreis. Sie verläuft typischerweise in Schüben und beginnt oft im frühen Kindesalter. Klinisch zeigen sich trockene Haut mit ekzematösen, geröteten Läsionen, die je nach Alter an Beugeseiten, Gesicht, Hals und anderen Prädilektionsstellen auftreten.
Durch den gestörten Hautschutzmantel kommt es zu erhöhtem transepidermalem Wasserverlust (TEWL) und einer erhöhten Permeabilität für Reizstoffe und Allergene. Starker Juckreiz führt zum Kratz-Kreislauf, was Hautläsionen weiter verschlimmert.
Epidemiologie: Neurodermitis zählt zu den häufigsten chronischen Hauterkrankungen. In Deutschland liegt die Lebenszeitprävalenz im Kindes- und Jugendalter bei etwa 14 % (12-Monats-Prävalenz ~6 %). Etwa jedes achte Kind ist also irgendwann betroffen. Bei Erwachsenen findet sich eine Prävalenz von ~1–3 %. In einigen Ländern (z.B. Großbritannien, Skandinavien) wurden sogar bis zu 20 % der Kinder mit AD berichtet. In den USA deuten neuere Erhebungen auf höhere Raten auch bei Erwachsenen (bis ~10 %) hin.
Generell ist AD in industrialisierten Ländern und städtischen Regionen häufiger als in ländlichen Gebieten oder Entwicklungsländern. Oft bessert sich die Erkrankung im Verlauf des Kindesalters (Spontanremission bei 50–80 % bis ins Jugendalter), doch ein relevanter Anteil leidet auch im Erwachsenenalter weiter unter Neurodermitis.
Pathophysiologie: AD entsteht durch ein komplexes Zusammenspiel genetischer Disposition und Umweltfaktoren. Eine wichtige Rolle spielt die Hautbarrierestörung – z.B. Mutationen im Filaggrin-Gen führen zu defekter Keratinisierung und erhöhter Permeabilität. Gleichzeitig besteht eine Immundysregulation mit Überwiegen der Typ-Th2-Immunantwort: Es werden vermehrt proallergische Zytokine wie Interleukin-4, -13 und -31 ausgeschüttet, was die IgE-Bildung fördert und Entzündung unterhält.
Zusätzlich können allergenspezifische IgE-Antikörper (z.B. gegen Nahrungsmittel, Hausstaubmilben) und autoreaktive T-Zellen beteiligt sein. Mikrobielle Faktoren (wie eine Besiedlung mit Staphylococcus aureus) und Umwelteinflüsse (z.B. Klimafaktoren, Schadstoffe) wirken als Triggerfaktoren. Die Folge ist eine chronische Entzündung der Haut mit gestörter Barriere, die zu Trockenheit und Juckreiz führt und so einen Teufelskreis in Gang setzt. Die Patienten leiden neben den Hautsymptomen oft an Begleiterkrankungen wie Asthma und allergischer Rhinitis (atopische Komorbidität) und haben eine reduzierte Lebensqualität durch Schlafstörungen, Schulprobleme und psychische Belastung.
Konventionelle Therapieansätze: Die schulmedizinische Behandlung der Neurodermitis zielt auf Hautpflege, Entzündungshemmung und die Vermeidung von Triggerfaktoren ab. Die Basistherapie besteht aus rückfettenden und feuchtigkeitsspendenden Emollienzien, um die geschädigte Hautbarriere zu stabilisieren. In akuten Schüben kommen hochwirksame Glukokortikosteroide zum Einsatz, die Juckreiz und Entzündungen rasch abklingen lassen. Doch die langfristige Anwendung birgt Risiken: Hautatrophie, verstärkte Gefäßzeichnung (Teleangiektasien) und eine erhöhte Infektanfälligkeit sind mögliche Nebenwirkungen.
Als steroid-sparende Alternative oder für empfindliche Hautareale (z. B. Gesicht, intertriginöse Zonen) werden Calcineurininhibitoren wie Tacrolimus oder Pimecrolimus genutzt. Diese unterdrücken die Immunantwort lokal, können aber unangenehmes Brennen auf der Haut verursachen. Abends verordnete Antihistaminika sollen den Juckreiz lindern, haben jedoch nur eine begrenzte Wirksamkeit bei Neurodermitis und führen häufig zu Müdigkeit.
Bei mittelschweren bis schweren Verläufen oder wenn lokale Maßnahmen nicht ausreichen, greift die Schulmedizin zu systemischen Therapien. Hier kommen Immunsuppressiva wie Cyclosporin A, Azathioprin, Methotrexat oder Mycophenolat-Mofetil zum Einsatz – Medikamente, die das Immunsystem gezielt dämpfen, aber mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden sind. Dazu gehören ein erhöhtes Infektionsrisiko, Leber- und Nierenschäden sowie ein langfristig gesteigertes Krebsrisiko.
Seit einigen Jahren setzt man auch auf Biologika und Januskinase-Inhibitoren (JAK-Inhibitoren). Der bekannteste Vertreter ist Dupilumab, ein Antikörper, der gezielt in die TH2-Immunantwort eingreift und die überschießende Entzündung blockiert. Studien zeigen oft beeindruckende Ergebnisse, doch auch hier gibt es Schattenseiten: Bindehautentzündungen, Kopfschmerzen, Hautinfektionen und in manchen Fällen eine paradoxe Verschlechterung der Neurodermitis nach Absetzen des Medikaments. Andere Biologika wie Tralokinumab und JAK-Inhibitoren wie Upadacitinib oder Baricitinib erweitern das Spektrum, sind aber ebenfalls nicht nebenwirkungsfrei – JAK-Inhibitoren erhöhen beispielsweise das Risiko für Thrombosen und kardiovaskuläre Ereignisse.
Die Schulmedizin vertritt die Auffassung, dass eine Heilung der Neurodermitis nicht möglich sei, die Erkrankung aber durch diese Maßnahmen kontrolliert werden könne. Gleichzeitig zeigen die erheblichen Nebenwirkungen vieler dieser Medikamente, dass eine langfristige Lösung mit möglichst schonenden Mitteln gefragt ist.
Hier setzt die Naturheilkunde an – mit dem Ziel, die TH1-TH2-Immunbalance sanft zu regulieren, statt das Immunsystem brachial zu unterdrücken. In meinem Beitrag gehe ich ausführlich darauf ein: Die TH1 – TH2 Immunbalance – als Grundlage für die Therapie.
Naturheilkundliche & alternative Behandlungsansätze: Überblick
Abgrenzung zur Schulmedizin: Unter Naturheilkunde und Komplementärmedizin versteht man Therapien außerhalb der konventionellen Medizin, die häufig einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen. Dazu zählen phytotherapeutische Präparate, Homöopathie, spezielle Diätpläne, Nahrungsergänzungsmittel, traditionelle medizinische Systeme (TCM, Ayurveda), manuelle Verfahren, energetische Therapien u.v.m. Werden solche Methoden integriert zusätzlich zur Standardtherapie eingesetzt, spricht man von Integrativer Medizin. Wichtig ist die Abgrenzung zu wissenschaftlich belegten Maßnahmen: Naturheilkundliche Ansätze gelten als komplementär, solange sie begleitend angewandt werden, und als alternativ, wenn sie anstelle der Schulmedizin eingesetzt werden.
Verbreitung und Stellenwert: Patienten mit Neurodermitis nutzen überdurchschnittlich häufig Komplementär- und Alternativmedizin (KAM). Schätzungen zufolge haben 30–50 % aller Erwachsenen schon CAM-Verfahren angewandt; bei Dermatologie-Patienten liegen die Raten mit 35–69 % sogar noch höher.
In Umfragen von Neurodermitis-Patienten werden am häufigsten Homöopathie, spezielle Diäten und pflanzliche Heilmittel nachgefragt. Eine US-weit durchgeführte Befragung ergab, dass 85 % der Menschen mit Hautproblemen schon ein komplementäres Produkt (z.B. Nahrungsergänzung, topisches Hausmittel) ausprobiert haben.
Als Gründe gelten u.a. Unzufriedenheit mit Nebenwirkungen der Schulmedizin (z.B. Cortisonangst), der Wunsch nach “natürlicher” Behandlung und aktive Selbsthilfe. Dabei besteht oft ein Informationsdefizit: Viele Ärzte sind in CAM nicht ausgebildet und stehen dem Nutzen skeptisch gegenüber, wünschen sich aber mehr evidenzbasiertes Wissen, um ihre Patienten besser beraten zu können.
Aktueller Forschungsstand: In den letzten 10 Jahren hat die wissenschaftliche Untersuchung von Naturheilverfahren bei AD deutlich zugenommen. Es liegen nun randomisierte Studien und teils systematische Reviews (bis hin zu Cochrane-Analysen) zu diversen Methoden vor. Insgesamt ist die Evidenzlage jedoch uneinheitlich und für manche Ansätze noch dünn. Ein aktueller Übersichtsartikel betont, dass die meisten CAM-Studien methodische Mängel aufweisen und viele Modalitäten keinen signifikanten Vorteil gegenüber Placebo zeigen konnten.
Wo positive Effekte berichtet wurden, sind diese häufig in kleinen, offenen Studien ohne geeignete Kontrollgruppe beobachtet worden.
Gleichzeitig gibt es für einige vielversprechende Ansätze mittlerweile belastbare Daten (z.B. bestimmte Phytotherapeutika, Akupunktur, Vitamin D – siehe Abschnitt 3). Insgesamt ist eine objektive Bewertung erforderlich, um wirkungsvolle Ergänzungen der konventionellen Therapie von unwirksamen oder riskanten Methoden zu unterscheiden.
Integrative Behandlungsstrategien: In dermatologischen Kliniken setzt sich zunehmend ein integratives Konzept durch, das evidenzbasierte Naturheilkunde mit der Standardtherapie kombiniert. So kann z.B. eine milde AD unter sorgfältiger Beobachtung zunächst mit indizierten naturheilkundlichen Maßnahmen behandelt werden, während bei schwerer AD konventionelle Mittel im Vordergrund stehen und CAM allenfalls additiv eingesetzt werden. In allen Fällen sollten Patient*innen aufgeklärt werden, welche Verfahren gut untersucht und relativ sicher sind – und wo Unsicherheiten bestehen. Im Folgenden werden die wichtigsten naturheilkundlichen und alternativen Ansätze bei Neurodermitis systematisch analysiert.
Detaillierte Bewertung der Behandlungsansätze
Im folgenden Abschnitt werden verschiedene komplementäre Therapieverfahren für Neurodermitis einzeln betrachtet. Für jede Methode werden exemplarische Studienergebnisse, potenzielle Vorteile und Risiken sowie eine Evidenzbewertung dargestellt.
3.1 Heilpflanzen & Phytotherapie
Therapeutische Ansätze: Die Verwendung von Heilpflanzen hat bei Hauterkrankungen eine lange Tradition. Bei Neurodermitis kommen sowohl topische Pflanzenpräparate (Cremes, Salben, Bäder) als auch orale Phytopharmaka zum Einsatz. Typische Beispiele sind Kamille, Ringelblume, Aloe vera oder Johanniskraut in Hautpflegeprodukten zur Entzündungshemmung, sowie Nachtkerzenöl oder Borretschöl (reich an Gamma-Linolensäure) als Kapseln zum Einnehmen. Auch Kokosöl und Sonnenblumenöl werden als natürliche Pflegemittel empfohlen. In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) existieren komplexe Kräutermixturen, die innerlich verabreicht werden (siehe Abschnitt 3.7). Phytotherapie überschneidet sich also mit anderen Bereichen (TCM, Ernährung). Hier werden vor allem westliche pflanzliche Ansätze und frei verkäufliche Pflanzenpräparate betrachtet.
Studienlage: Die Evidenz für Phytotherapeutika bei AD ist heterogen, da sehr unterschiedliche Präparate untersucht wurden. Einige pflanzliche Öle und Extrakte zeigen in kontrollierten Studien deutliche positive Effekte auf Haut und Juckreiz, während andere keine Überlegenheit gegenüber Placebo erreichen. Beispielsweise ergab eine aktuelle systematische Übersichtsarbeit (51 RCTs) Hinweise auf Wirksamkeit mehrerer topischer Pflanzenstoffe: Sonnenblumenöl, Kokosöl, Süßholzwurzel-Extrakt (Lakritz), Indigo naturalis (eine traditionelle chinesische Pflanze), Malve (Malva), Johanniskraut sowie eine Kombination aus Aloe vera und Olivenöl führten in Einzelstudien zu signifikanten Verbesserungen der Ekzemsymptomatik gegenüber Vergleichsbehandlungen.
So reduzierte z.B. eine Studie mit kaltgepresstem Kokosöl bei Kindern die Hauttrockenheit und Kolonisation mit Staph. aureus deutlich im Vergleich zu Mineralöl. Topische Süßholzgels (mit Glycyrrhetinsäure) konnten den Juckreiz lindern, und eine Creme mit 2% Johanniskraut-Extrakt zeigte in einer kleinen randomisierten Studie Besserungen der Hautläsionen im Vergleich zu Placebo. Auch traditionelle Rezepturen aus Asien, etwa Indigo naturalis-Salben, erwiesen sich als entzündungshemmend bei Ekzem.
Andererseits ist die Evidenz für orale Pflanzenöle zwiespältig. Nachtkerzenöl und Borretschöl wurden früher breit eingesetzt, um über Gamma-Linolensäure entzündungsmodulierend zu wirken. Eine Cochrane-Analyse (2013) von 27 Studien fand jedoch keinen klinisch relevanten Vorteil dieser Öle gegenüber Placebo.
Neuere Einzelstudien liefern ein gemischtes Bild: In einer aktuellen koreanischen RCT führte die Einnahme von Nachtkerzenöl über 4 Monate zu einer signifikanten Reduktion des EASI-Schweregrad-Index gegenüber Placebo (p=0,01).
Der Therapieeffekt war jedoch moderat, und eine Metaanalyse von 13 Studien bestätigte insgesamt keinen signifikanten Unterschied zwischen Gamma-Linolensäure-Präparaten und Placebo in der Ekzemverbesserung (standardisierte mittlere Differenz ~0,14; 95% CI -0,45–0,73).
Hier spielen offenbar individuelle Unterschiede (Alter, ethnische Faktoren, Begleittherapien) eine Rolle, wie die uneinheitlichen Ergebnisse nahelegen.
Ein weiteres Feld ist die Kombination von Heilpflanzen: Z.B. wurde eine Creme mit Schwarzer Johannisbeersamenöl, Sonnenblumenöl, Ballonreben-Extrakt (Cardiospermum halicacabum), Dexpanthenol und Ceramiden getestet und zeigte gegenüber einer Basiscreme eine signifikante Besserung der AD-Läsionen. Solche Mehrstoffpräparate erschweren allerdings die Zuordnung der Wirkung zu einer einzelnen Komponente.
Zusammenfassend spricht moderate Evidenz für einige phytotherapeutische Ansätze – vor allem topische Anwendungen mit bestimmten Ölen und Pflanzenextrakten. Orale Phytopharmaka haben in Studien dagegen überwiegend keinen signifikanten Zusatznutzen gezeigt (Ausnahmen in speziellen Subgruppen möglich). Wichtig ist die Qualität der Produkte: Naturprodukte unterliegen Schwankungen in Wirkstoffgehalt; standardisierte Extrakte sind für reproduzierbare Ergebnisse nötig.
- Vorteile: Viele pflanzliche Mittel sind gut verträglich und schon lange tradiert. Sie können Entzündung und Juckreiz mildern, oft mit wenig Nebenwirkungen (keine Steroidatrophie etc.). Einige Präparate (z.B. Kokosöl) wirken zusätzlich antimikrobiell und barrierefördernd, was bei AD vorteilhaft ist. Patienten schätzen an Phytotherapie das „Natürliche“ und können sie meist einfach anwenden (als Creme/Bad).
- Risiken: Hauptgefahr ist Kontaktallergien oder Irritationen – z.B. können Kamille, Arnika u.a. bei Sensibilisierten allergische Reaktionen auslösen. Orale Kräuterpräparate bergen potenzielle systemische Nebenwirkungen (gelegentlich wurden Lebertoxizitäten durch bestimmte TCM-Kräuter berichtet). Zudem besteht das Risiko, dass unseriöse Produkte mit Schwermetallen oder Kortikosteroiden verunreinigt sind. Insgesamt sind Phytotherapeutika aber bei geprüfter Qualität nebenwirkungsarm.
- Evidenzbewertung: Moderat. Es liegen zahlreiche RCTs vor, die für einzelne Pflanzenwirkstoffe klare Effekte zeigen (z.B. Kokosöl, Indigo naturalis). Für andere ist die Datenlage widersprüchlich oder negativ (z.B. Nachtkerzenöl oral).
Insgesamt ist die Evidenz heterogen und oft von begrenzter Qualität, aber bestimmte phytotherapeutische Maßnahmen können als evidenzbasierte Adjuvanz gelten.
3.2 Homöopathie
Therapeutische Ansätze: Die Homöopathie wird von vielen Neurodermitis-Patienten ausprobiert, vor allem im deutschsprachigen Raum und in Russland, wo sie traditionell verbreitet ist. Homöopathie beruht auf dem Prinzip „Similia similibus curentur“ (Ähnliches mit Ähnlichem heilen) und setzt potenzierte Substanzen ein, die beim Gesunden ähnliche Symptome hervorrufen würden. Bei Neurodermitis werden verschiedene homöopathische Mittel (etwa Sulfur, Graphites, Mezereum etc.) je nach individueller Symptomkonstellation verabreicht, häufig in hohen Potenzen (C30 und höher). Die Therapie ist individuell ausgerichtet (konstitutionelle Behandlung) und umfasst lange Erstanamnesen.
Studienlage: Hochwertige klinische Daten zur Homöopathie bei Neurodermitis sind rar. Die wenigen vorliegenden kontrollierten Studien zeigen keine konsistenten Vorteile gegenüber Placebo. Eine doppelblinde, placebokontrollierte Pilotstudie (präliminär) mit 40 Erwachsenen fand zwar einen Trend zugunsten der Homöopathie, jedoch keine statistisch signifikante Besserung der Ekzeme (SCORAD-Score) im Vergleich zu Placebo – das Ergebnis war inkonklusiv.
In jüngerer Zeit wurde 2023 eine Replikationsstudie aus Indien an 60 Erwachsenen über 6 Monate veröffentlicht: Darin zeigten individuell gewählte homöopathische Mittel eine signifikant stärkere Reduktion der Ekzemschwere (SCORAD) als Placebo. Allerdings hatte diese Studie keinen Einfluss auf den Dermatologie-Lebensqualitätsindex (DLQI) und war relativ klein, sodass die Aussagekraft begrenzt bleibt.
Eine weitere Untersuchung an Kindern (Universität Bristol, 2012) ergab keine eindeutigen Vorteile; die meisten Patienten zeigten Verbesserungen im Verlauf, aber kein signifikanter Unterschied zwischen Verum und Placebo.
Zudem existieren Fallberichte, die teils erstaunliche Verbesserungen, teils Verschlechterungen beschreiben. So gibt es Kasuistiken, in denen homöopathische Zubereitungen (z.B. Metall-Inhalte in niedrigen Potenzen) eine Verschlimmerung der AD ausgelöst haben.
- Vorteile: Homöopathie ist in der Regel nebenwirkungsarm – die eingesetzten Hochpotenzen enthalten praktisch keine toxischen Wirkstoffe. Viele Patienten berichten subjektiv von Besserungen. Die Methode ist nicht invasiv (Globuli/Tropfen) und kann ggf. parallel zur konventionellen Pflege angewandt werden.
- Risiken: Die Hauptgefahr liegt darin, dass bei ausschließlicher homöopathischer Behandlung eine konventionelle Therapie verzögert wird, was zu Verschlechterungen (schwere Schübe, Superinfektionen) führen kann. Das ist ein Argument das Schulmediziner immer wieder ins Feld führen. Natürlich muss man so etwas im Blick behalten!
Selten können Homöopathika in niedrigen Potenzen noch wirksame Inhaltsstoffe enthalten (z.B. Pflanzenauszüge oder Metalle), die Allergien oder Irritationen auslösen. So wurde eine Neurodermitis-Exazerbation unter einem arsenhaltigen homöopathischen Mittel beschrieben. - Evidenzbewertung: relativgering. Einzelne kleine Studien liefern widersprüchliche Ergebnisse. Über die Gründe hatte ich Eingangs zum Beitrag bereits geschrieben.
3.3 Ernährung & Diäten
Therapeutische Ansätze: Da Neurodermitis eng mit Allergien verknüpft sein kann, spielt die Ernährung eine wichtige Rolle. Viele Eltern und Patienten vermuten Lebensmittel als Auslöser von Schüben. Entsprechend werden zahlreiche Diätansätze propagiert: von der Karenz spezifischer Allergene (z.B. Kuhmilch-, Ei-freie Kost) über oligoantigene/eliminationsdiäten bis hin zu allgemeinen antientzündlichen Ernährungsformen (etwa der Mittelmeerkost mit hohem Omega-3-Anteil). Auch pro- und präbiotische Lebensmittel sowie Nahrungsergänzung (Vitamine, Spurenelemente – siehe 3.4 Orthomolekular) gehören in diesen Bereich. Bei nachgewiesenen Nahrungsmittelallergien (v.a. bei Säuglingen: Hühnerei, Kuhmilch, Erdnuss) ist eine Eliminationsdiät unumgänglich, da das Allergen direkte Ekzemverschlechterung oder Urtikaria auslösen kann. Allerdings haben nur 30–40% der Kinder mit schwerer AD tatsächlich eine echte Nahrungsmittelallergie. Die breite Anwendung von Diäten bei allen Neurodermitis-Patienten ist umstritten.
Studienlage: Kontrollierte Studien zu Ernährungsinterventionen bei bestehender Neurodermitis zeigen insgesamt geringe bis moderate Effekte. Eine aktuelle systematische Übersichtsarbeit (2022, 10 RCTs, n=599) untersuchte Eliminationsdiäten versus normale Ernährung bei AD: Die gepoolten Ergebnisse ergaben eine leichte Verbesserung der Ekzemschwere und des Juckreizes zugunsten der Diäten, jedoch war der Unterschied klinisch gering und statistisch unsicher. Konkret erreichten etwa 50 % der Patienten unter Diät eine Mindestverbesserung des SCORAD um ~9 Punkte, gegenüber 41 % ohne Diät. Juckreiz und Schlafstörungen besserten sich minimal (nicht um volle Punktstufen).
Die Evidenzqualität wurde als low certainty eingestuft. Es fand sich kein Unterschied zwischen gezielten Allergie-Diäten (auf Basis von Tests) und generellen Eliminationsdiäten – beides brachte nur marginale Veränderungen. Fazit der Metaanalyse: Diäten können allenfalls einen geringfügigen, möglicherweise klinisch unbedeutenden Benefit bei mild-moderater AD liefern und sollten kritisch gegen mögliche Risiken abgewogen werden.
Spezielle Diäten: In Einzelfällen, etwa beim Nachweis von IgE-vermittelten Allergien, bewirkt eine Eliminationsdiät natürlich deutliche Besserung, da der Trigger entfällt. Beispielsweise können Kinder mit schwerer Eiallergie eine Reduktion des Ekzems erfahren, wenn Ei vollständig gemieden wird. Abseits echter Allergien wurden auch unspezifische Diätkonzepte geprüft: Eine sogenannte “pseudoallergenarme Diät” (Verzicht auf histaminhaltige Lebensmittel, Konservierungsstoffe, Farb- und Aromastoffe) zeigte in älteren Studien bei einer Untergruppe erwachsener AD-Patienten Besserungen, ist aber sehr restriktiv. Vegetarische oder vegane Kost wurde nicht spezifisch als AD-Therapie untersucht; indirekt könnte eine mediterran-vegetabile Ernährung mit hohem Obst-/Gemüseanteil und Omega-3-Fetten Entzündungen mindern. Beobachtungsstudien weisen darauf hin, dass eine mediterrane Diät sowie der Verzehr fermentierter Milchprodukte mit seltenerem Auftreten von Ekzemen assoziiert sind. Umgekehrt scheint ein hoher Konsum von Fast Food das Ekzemrisiko zu erhöhen (Korrelation). Solche Daten implizieren präventive Effekte, sind aber keine direkten Behandlungsnachweise.
Probiotika und Mikrobiom: Ein aufkommender Ansatz ist die Beeinflussung der Darmflora. Mehrere RCTs untersuchten Probiotika (z.B. Lactobacillus rhamnosus GG, Bifidobacterium-Stämme) bei Neurodermitis, teils mit Zusatz von Präbiotika (Ballaststoffe, die nützliche Darmkeime fördern). Die Ergebnisse sind gemischt: Einige Studien in Kleinkindern zeigten moderate Verbesserungen des SCORAD um ~20 % unter bestimmten Probiotika-Kombinationen, andere fanden keinen Unterschied zu Placebo. Metaanalysen deuten an, dass Probiotika insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern einen kleinen Benefit haben könnten, aber die Heterogenität der Studien ist groß. Beispiel: Eine finnische Studie mit Lactobacillus GG fand am Ende keinen Unterschied in der durchschnittlichen AD-Schwere, jedoch traten in der Probiotika-Gruppe mehr bronchitische Episoden auf. Insgesamt ist die Evidenz für Probiotika als Therapie (nicht Prävention) der AD derzeit nicht eindeutig – manche Leitlinien sehen darin noch keine Routineempfehlung.
Weitere Nahrungskomponenten: Vitamine und Mineralstoffe werden in Abschnitt 3.4 behandelt (Orthomolekular). Kurz erwähnt seien Antioxidantien (z.B. Vitamin E, Selen, Flavonoide): In einzelnen kleinen Studien führten Vitamin-E-Gaben zu etwas weniger Juckreiz, allerdings fehlen größere Belege. Zink-Supplements helfen nur bei vorliegendem Zinkmangel (der selten ist); ansonsten zeigte extra Zink keine Besserung.
- Vorteile: Ernährungsmaßnahmen sind nicht-medikamentös und geben Patienten das Gefühl, selbst etwas beitragen zu können. Bei identifizierten Allergien kann eine gezielte Karenz dramatische Verbesserungen verhindern (kein allergischer Ekzemschub mehr). Insgesamt fördert eine ausgewogene, antientzündliche Ernährung die allgemeine Gesundheit und könnte langfristig auch atopischen Beschwerden vorbeugen. Probiotika haben meist ein gutes Sicherheitsprofil und könnten zusätzlich positive Effekte auf Gastrointestinaltrakt oder Immunmodulation haben.
- Risiken: Indiskriminierte Eliminationsdiäten (viele Nahrungsmittel weglassen ohne klare Indikation) bergen Risiken von Nährstoffmangel (v.a. bei Kindern – z.B. Kalzium-, Proteinmangel) und sozialer Einschränkung. In Studien gibt es Hinweise, dass strikte Eliminationsdiäten im Säuglingsalter sogar die Entwicklung echter Nahrungsmittelallergien fördern können. Zudem kann der psychische Stress durch ständiges Diät-Einschränken wiederum das Hautbild verschlechtern. Probiotika können bei immunsupprimierten Patienten theoretisch Infektionen verursachen (sehr seltene Fälle von Sepsis unter Probiotika sind bekannt). Generell sollten radikale Diäten nur unter ernährungsmedizinischer Begleitung erfolgen.
- Evidenzbewertung: Gering. Abgesehen von Fällen mit nachgewiesener Lebensmittelallergie, ist der Zusatznutzen allgemeiner Diäten bei Neurodermitis gering und empirisch kaum relevant. Einzelne Patienten können profitieren, aber eine generelle Empfehlung (z.B. “Milch weglassen bei Neurodermitis”) lässt sich wissenschaftlich nicht stützen. Eine ausgewogene, evtl. mediterrane Kost kann aufgrund allgemeiner gesundheitlicher Vorteile empfohlen werden, jedoch sollte vorschnellen “Mode-Diäten” ohne Evidenz (wie pauschale Glutenkarenz ohne Zöliakie) kritisch begegnet werden. Probiotika zeigen inkonsistente Ergebnisse – hier ist weiterer Forschungsbedarf, bevor klare Empfehlungen gegeben werden können.
3.4 Orthomolekulare Medizin
Therapeutische Ansätze: Die Orthomolekulare Medizin nutzt Vitaminen, Mineralstoffen, Fettsäuren und anderen körpereigenen Substanzen in teils überdurchschnittlicher Dosierung, um Erkrankungen positiv zu beeinflussen. Bei Neurodermitis werden vor allem Vitamin D, Vitamin E, Omega-3-Fettsäuren (Fischöl/EPA, DHA), Zink, Selen und Biotin/Vitamin B diskutiert. Die Idee ist, Defizite auszugleichen (z.B. häufiger Vitamin-D-Mangel bei AD-Patienten) und durch hohe Spiegel entzündungshemmende Effekte zu erzielen. Auch Probiotika werden manchmal orthomolekular eingeordnet, obwohl es eigentlich lebende Mikroorganismen sind. Hier konzentrieren wir uns auf Mikronährstoffe und Vitamine; Probiotika waren unter Ernährung schon angesprochen.
Studienlage: Am besten untersucht ist Vitamin D. Dieses Vitamin moduliert das Immunsystem und fördert die Hautbarriere – niedrige Vitamin-D-Spiegel wurden bei AD-Patienten häufig festgestellt. Mehrere RCTs testeten die Gabe von Vitamin D<sub>3</sub> (meist 1000–5000 IE/Tag). Metaanalysen zeigen, dass eine Vitamin-D-Supplementierung im Vergleich zu Placebo eine signifikante Reduktion des Ekzem-Schweregrades bewirken kann. Beispielsweise ergab eine Meta-Analyse von 4 Studien an Kindern, dass durch Vitamin D die SCORAD- und EASI-Werte deutlich stärker sanken (SMD ~ -0,93; 95% CI -1,76 bis -0,11). Vor allem höher dosiertes Vitamin D (>2000 IE täglich) scheint wirksam zu sein.
Praktisch verbessert Vitamin D nach 1–3 Monaten oft die winterliche AD (wie Camargo et al. in einer Studie in Mongolei zeigten). Allerdings profitierten nicht alle Patienten – ein Trial in Kanada fand keinen Effekt bei bereits Vitamin-D-versorgten Kindern. Insgesamt wird Vitamin D bei AD mit moderater Evidenz als sinnvolle Ergänzung betrachtet, v.a. bei Mangel.
Auch Omega-3-Fettsäuren (wie Eikosapentaensäure, EPA) besitzen antientzündliche Eigenschaften. In einer randomisierten, dreifach-verblindeten Studie mit 48 Kindern führte eine 4-wöchige EPA-Supplementation (2×250 mg/Tag) zu einer deutlichen SCORAD-Verbesserung gegenüber Placebo sowie einer Reduktion des Bedarfs an topischen Steroiden. Nach 4 Wochen benötigten in der EPA-Gruppe nur 33 % der Kinder noch Kortisonsalbe, verglichen mit 63,6 % in der Placebogruppe (p=0,047). Diese Resultate sprechen für einen vorteilhaften Effekt von Omega-3 als Add-on. Andere Studien mit Fischöl bei Erwachsenen zeigten allerdings uneinheitliche Ergebnisse – manche berichten über weniger Juckreiz, andere fanden keine signifiante Änderung. Eine Übersichtsarbeit (2019) zu Omega-3 in dermatologischen Erkrankungen sah Hinweise auf Nutzen bei AD, forderte aber größere Studien.
Vitamin E (ein Antioxidans) wurde in kleineren Versuchen geprüft: In einer iranischen Studie besserte hochdosiertes Vitamin E (400 IE/Tag) über 8 Monate subjektiv den Juckreiz und SCORAD gegenüber Placebo. Die Studienzahl ist jedoch gering. Vitamin B12 in Form einer topischen Creme (cyanocobalamin-haltige Salbe) zeigte in einer deutschen Studie an Kindern eine signifikante Reduktion der AD-Herde vs. Placebo nach 8 Wochen. Dieser Ansatz – Vitamin B<sub>12</sub>-Creme zur entzündungshemmenden lokalen Therapie – wird inzwischen in einigen Leitlinien als nebenwirkungsarme Option für leichte AD erwähnt. Zink-Substitution: Zwar haben manche AD-Kinder leicht erniedrigte Zinkspiegel, aber kontrollierte Studien mit oraler Zinkgabe erbrachten keine eindeutige Besserung der Hautsymptome. Selen (antioxidativ) oder Vitamin C wurden kaum in RCTs untersucht, theoretisch könnten sie oxidativen Stress senken, empirisch fehlt aber der Nachweis eines relevanten Effekts.
- Vorteile: Orthomolekulare Maßnahmen zielen auf körperliche Mangelzustände ab – wenn ein Patient z.B. Vitamin-D-defizient ist, kann die Substitution nicht nur Haut, sondern auch Knochenstoffwechsel und Immunsystem positiv beeinflussen. Viele Vitamine/Spurenelemente sind bei richtiger Dosierung sehr verträglich. Sie können oft begleitend eingesetzt werden, ohne mit topischen Therapien in Konflikt zu geraten. Insbesondere Vitamin D hat zusätzliche Vorteile (Infektabwehr, Stimmung) und Omega-3-Fettsäuren fördern Herz-Kreislauf-Gesundheit.
- Risiken: Bei Überdosierung können auch Vitamine schaden – z.B. Hyperkalzämie bei übermäßigem Vitamin D, oder Blutungsneigung bei sehr hohen Omega-3-Dosen. Daher sollten Dosierungen im therapeutischen Bereich bleiben und Laborwerte ggf. überwacht werden. Orthomolekulare Präparate kosten zudem Geld und sind nicht immer erstattet. Eine Enttäuschung ist möglich, wenn trotz Einnahme keine schnelle Besserung eintritt. Insgesamt sind die Risiken aber überschaubar, solange die Supplemente qualitativ rein sind (Vorsicht bei dubiosen Internet-Produkten mit falscher Dosierungsangabe).
- Evidenzbewertung: Moderat. Für Vitamin D besteht mittlerweile eine brauchbare Evidenzbasis: mehrere RCTs und Metaanalysen belegen einen mittelgradigen Effekt auf die Ekzemschwere. Omega-3-Fettsäuren haben erste positive Studien (insbes. bei Kindern), die auf Nutzen als Zusatztherapie hindeuten, doch ist die Datenlage noch limitiert. Andere Supplemente wie Vitamin E oder Zink verfügen über geringe Evidenz (einzelne kleine Studien). Insgesamt ist orthomolekulare Therapie bei AD eine vielversprechende Ergänzung, aber kein Ersatz für die Primärtherapie. Klinisch sinnvoll erscheint insbesondere die Korrektur von nachgewiesenen Mängeln (Vit-D-Spiegel, ggf. Zink), während pauschale Hochdosisgaben ohne Defizit nicht generell zu empfehlen sind.
3.5 Kneipp-Therapie & Wasseranwendungen
Therapeutische Ansätze: Hydrotherapeutische Verfahren nach Kneipp und andere Wasseranwendungen werden traditionell zur Stärkung der Haut und Immunabwehr eingesetzt. Bei Neurodermitis zielen Wassertherapien darauf ab, Juckreiz zu lindern, Entzündungen zu beruhigen und die Hautbarriere durch Befeuchtung zu unterstützen. Es gibt verschiedene Formen:
- Heilbäder und Balneotherapie: Bäder in thermischen Mineralwässern, Solebäder (Salzwasser, z.B. Totes-Meer-Salz) oder Schwarzbäder (Zusatz von Moor/Ölschiefer) werden oft als Kurmaßnahme genutzt.
- Kneipp-Güsse und kalte Duschen: Kurzzeitige Kaltwasserreize (Güsse) sollen eine Abhärtung bewirken und Juckreiz über nervale Reflexe dämpfen.
- Thermal-Klimatherapie: Kombination aus Baden in mineralhaltigem Wasser und Klimafaktoren (z.B. UV-reiche Höhenluft oder Meeresklima). Prominente Beispiele: Kuraufenthalte am Toten Meer (Salzbad + UV-Strahlung) oder in alpinen Höhen (Allergenarmut).
- Feuchtverbände (Wet-Wraps): Gehören eigentlich zur Schulmedizin (mit medizinischen Cremes), basieren aber auch auf der Wasser-Okklusion zur Beruhigung der Haut.
Studienlage: Es gibt vielfältige Hinweise, dass Balneotherapie bei Neurodermitis hilfreich ist. Zwar sind klassische doppelblinde Placebo-RCTs schwer durchzuführen (man kann Wasseranwendungen kaum verblinden), doch prä-post Vergleiche und kontrollierte Kohortenstudien zeigen konsistente Verbesserungen. Ein systematischer Review 2024 zur Balneotherapie in dermatologischen Erkrankungen schlussfolgert, dass alle eingeschlossenen Arbeiten eine deutliche Besserung von Psoriasis und ekzematösen Dermatosen nach Bädern in Thermal- oder Mineralwasser fanden. Speziell bei Neurodermitis wurde z.B. in Italien eine große Studie mit 867 Kindern durchgeführt: Nach einer 2-wöchigen Kur in Comano (Thermalquelle mit Calcium-Magnesium-HCO₃-Wasser) zeigten über 90 % der Kinder eine signifikante Reduktion ihres SCORAD-Schweregrades (durchschnittlich hochsignifikante Besserung, p<0,0001). Besonders jüngere Kinder mit schwerer AD profitierten, und die Lebensqualität stieg an. Gleichzeitig traten keine relevanten Nebenwirkungen während der Kur auf. Eine vorangegangene kleine randomisierte Studie an gleicher Stelle hatte bereits eine signifikante Besserung durch Thermalbäder gegenüber einer Kontrollgruppe nachgewiesen.
Auch Salzbäder (z.B. mit Totem-Meer-Salz zu Hause) können Juckreiz lindern und Schuppung reduzieren – dies ist allerdings meist kurzfristig und wird oft in Kombination mit Phototherapie angewandt. Kneipp’sche Anwendungen (kalte Güsse, Wechselbäder) sind weniger untersucht; anekdotisch berichten Patienten, dass kühles Abduschen akuten Juckreiz unterbricht. Die physiologische Grundlage wäre die kurzfristige Vasokonstriktion und Betäubung der Nervenenden durch Kälte, sowie ein immunmodulatorischer Effekt regelmäßiger Kaltreize. Spezifische Daten für Kneipp bei AD fehlen weitgehend, aber analog zu anderen entzündlichen Zuständen könnte es unterstützend wirken.
Mechanismen: Thermal- und Salz-Wasser enthält oft Mineralien (z.B. Selen, Zink, Magnesium), die antientzündlich wirken und die Hautregeneration fördern sollen. Der hydrostatische Druck und die Temperatur verbessern die Hautdurchblutung. Im Fall von Solebädern führt der Salzgehalt zu Osmoseeffekten, die nässende Ekzeme austrocknen und Bakterien auf der Haut reduzieren (ähnlich einem antiseptischen Bad). Auch der psychosomatische Faktor einer Kur – Entspannung, Stressreduktion – trägt zur Besserung bei.
- Vorteile: Wasseranwendungen sind natürlich und gut verträglich. Besonders Thermalbäder zeigen oft rasch sichtbare Erfolge: Die Haut wird geschmeidiger, Rötung und Papeln gehen zurück, Patienten berichten von mehreren Wochen anhaltender Besserung nach Kur. Balneotherapie kann den Kortisonbedarf reduzieren, wie einige Nachbeobachtungen andeuten. Darüber hinaus wirken Kuren sich positiv auf das allgemeine Wohlbefinden aus (Urlaubseffekt, weniger Stress). Viele Eltern von betroffenen Kindern schätzen, dass Balneotherapie eine aktive, aber medikamentenfreie Maßnahme ist.
- Risiken: Ernsthafte Nebenwirkungen sind selten. In Thermalbädern kann es initial zu leichtem Brennen kommen, wenn salziges Wasser auf aufgekratzte Hautstellen trifft. Hautinfektionen könnten theoretisch begünstigt werden, wenn z.B. viele Menschen dasselbe Becken nutzen – daher gibt es strenge Hygienevorschriften in Kurkliniken. Kaltwasseranwendungen können für Kinder unangenehm sein und werden dann evtl. nicht toleriert. Praktisch limitierend sind Aufwand und Kosten: Kuren erfordern Zeit, ein Aufenthalt am Toten Meer ist teuer; nicht jeder hat Zugang zu Thermalquellen. Für häusliche Anwendungen (Salzbäder) fallen Kosten für Salz oder Zusätze an, halten sich aber in Grenzen.
- Evidenzbewertung: Moderat (für Balneotherapie), gering (für Kneipp). Die Klinische Erfahrung und viele Studien zeigen eine Verbesserung der Neurodermitis durch balneotherapeutische Maßnahmen. Allerdings basieren die meisten Daten auf unkontrollierten Vorher-nachher-Studien oder Beobachtungen ohne Verblindung, weshalb die evidenzbasierte Einstufung zurückhaltend ist. Insgesamt kann Balneotherapie als wirksame komplementäre Behandlung angesehen werden, die insbesondere bei chronischen Verläufen als Teil eines ganzheitlichen Therapiekonzepts sinnvoll ist. Kneipp-Anwendungen wurden wissenschaftlich kaum evaluiert, sind aber als unschädliche unterstützende Maßnahmen einen Versuch wert, sofern der Patient es angenehm findet.
3.6 Bioresonanzverfahren
Therapeutische Ansätze: Die Bioresonanz-Therapie (BRT) ist ein alternativmedizinisches Verfahren, das auf der Annahme basiert, mittels elektromagnetischer Schwingungen des Körpers bzw. von Substanzen Krankheiten diagnostizieren und behandeln zu können. In der Allergie- und Neurodermitis-Behandlung wird propagiert, dass man „pathologische Schwingungen“ (etwa durch Allergene) mit speziellen Geräten messen und durch invertierte Schwingungen neutralisieren könne. Praktisch legt der Therapeut Elektroden an den Patienten an, das Bioresonanzgerät soll dann Frequenzmuster erkennen, die mit Neurodermitis oder Allergien zusammenhängen, und diese modulieren. BRT ist in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Russland in einigen Praxen verbreitet, jedoch schulmedizinisch nicht anerkannt.
Studienlage: Die wenigen kontrollierten Studien zur Bioresonanz zeigen keinen Wirkeffekt über Placebo hinaus. Bereits in den 1990er Jahren wurden Versuche unternommen: In einer doppelt-blinden Studie (Schöni et al. 1997) an Kindern mit Neurodermitis führte Bioresonanz nicht zu einer signifikanten Besserung gegenüber Scheinbehandlung; beide Gruppen profitierten ähnlich (vermutlich durch Klimakur in Hochlage). Die Autoren schlossen, BRT habe „keinen Platz in der Behandlung von Kindern mit Neurodermitis“.
Eine weitere Untersuchung (Nienhaus & Galle 2006) sah zwar innerhalb der BRT-Gruppe Rückgänge von Symptomen, aber in vergleichbarer Größenordnung auch in der Placebogruppe – typisch für einen hohen Placeboeffekt und subjektive Bias. Ein Review-Bericht des österreichischen HTA-Instituts (2009) analysierte alle verfügbaren Studien: Er kam zum Schluss, die behaupteten Wirkungen der BRT seien wissenschaftlich nicht belegt; Unterschiede zu Kontrollgruppen waren nicht konsistent vorhanden, die Methode sei allenfalls als individuelles Begleitverfahren mit Placebo-Effekt anzusehen. Neuere Publikationen aus seriösen Fachjournalen fehlen; gelegentlich berichten Befürworter in alternativen Medien von Erfolgen, aber dies ist nicht durch qualitativ hochwertige Daten gedeckt.
Erklärungsversuche: Aus naturwissenschaftlicher Sicht gibt es kein plausibles Wirkprinzip für Bioresonanz – die Existenz spezifischer „Krankheitsschwingungen“ ist unbewiesen. Wahrscheinlich erklärt sich ein möglicher beobachteter Nutzen durch Placebo-Effekt, intensive Zuwendung im Therapiesetting und Spontanverlauf der Krankheit. Leitlinien raten klar von Bioresonanz ab, um keine wertvolle Zeit zu verlieren (pmc.ncbi.nlm.nih.gov).
- Vorteile: BRT ist schmerzfrei, nicht-invasiv und für Kinder gut durchführbar (ähnlich wie „Arzt-Computer-Spielen“). Einige Patienten fühlen sich durch die ganzheitliche Betrachtung und den pseudotechnischen Ansatz ernst genommen. Wenn überhaupt, kann BRT einen Placebo-bedingten kurzfristigen Juckreizrückgang erzielen. Da keine Medikamente gegeben werden, treten direkte Nebenwirkungen praktisch nicht auf.
- Risiken: Die größte Gefahr ist die Zeit- und Ressourcenverschwendung. Patienten geben mitunter viel Geld für lange BRT-Sitzungsserien aus, ohne objektiven Nutzen. Währenddessen kann die Neurodermitis ungehindert progredient verlaufen, evtl. mit Komplikationen (z.B. bakterielle Superinfektion oder chronische Ekzemification), weil wirksame Therapien unterlassen wurden. Auch Fehldiagnosen sind möglich: BRT-“Diagnosegeräte” zeigen oft angebliche Allergien oder „Toxinbelastungen“ an, die real nicht existieren – Patienten könnten dann unnötige Diäten oder Ausleitungen machen. Selten berichteten Hautärzte von verschleppten schweren Verläufen, weil sich Patienten ausschließlich auf BRT verließen.
- Evidenzbewertung: Sehr gering (keine nachweisbare Wirksamkeit). Alle verfügbaren belastbaren Studien zeigen keinen signifikanten Vorteil der Bioresonanz gegenüber Placebo (eprints.aihta.at).
Die Methode ist daher aus evidenzbasierter Sicht leider nicht zu empfehlen. Aber es gibt immer wieder Therapeuten, die absolut überzeugende Behandlungsergebnisse damit zeigen. Schwierig.
3.7 Akupunktur & Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)
Therapeutische Ansätze: Akupunktur und andere Verfahren der TCM werden bei Neurodermitis vor allem in Ostasien, aber zunehmend auch im Westen angewandt. Akupunktur basiert auf der Stimulation spezifischer Punkte (Meridiane) mit feinen Nadeln, um energetische Ungleichgewichte zu regulieren. In der chinesischen Medizin wird Neurodermitis z.B. als Ausdruck von „Wind-Hitze“ oder „Dampfnässe“ in der Haut betrachtet, die durch Kräuter und Akupunktur ausgeleitet werden soll. Neben Nadeln kommen teils Akupressur, Moxibustion (Erwärmung von Punkten) und Diätetik zum Einsatz. Ein zentraler Baustein der TCM bei AD sind komplexe Kräuterrezepturen (Dekokte oder Granulate zum Einnehmen), die aus mehreren Dutzend Bestandteilen bestehen können. Diese werden individuell zusammengestellt und sollen innerliche Ungleichgewichte adressieren. Hier werden Akupunktur und TCM-Kräuter getrennt betrachtet, da auch die Studienlage unterschiedlich ist.
Akupunktur – Studienlage: In den letzten Jahren liegen mehrere RCTs und Reviews zur Akupunktur bei atopischem Ekzem vor. Die Evidenz deutet auf klinische Verbesserungen durch Akupunktur hin. Eine aktuelle systematische Übersichtsarbeit (Liang et al., BMJ Open 2024) analysierte 8 RCTs mit 463 AD-Patienten: Akupunktur (vs. Sham oder konventionelle Behandlung) führte zu einer signifikanten Reduktion des SCORAD-Scores um durchschnittlich ~10,6 Punkte mehr als in den Kontrollgruppen (95% CI -17,8 bis -3,5; p=0,004) pubmed.ncbi.nlm.nih.gov.
Auch der Juckreiz (VAS-Skala) besserte sich signifikant stärker unter Akupunktur (MD ≈ -14,7, p<0,00001), und die Lebensqualität (DLQI) war leicht verbessert (im Mittel ~2,4 Punkte mehr Rückgang als Kontrolle) pubmed.ncbi.nlm.nih.gov.
Kein signifikanter Unterschied fand sich bei objektiven EASI-Werten und IgE-Leveln, möglicherweise wegen begrenzter Datengrundlage pubmed.ncbi.nlm.nih.gov.
Wichtig: Die beobachteten Unterschiede in SCORAD und Juckreiz entsprachen klinisch bedeutsamen Verbesserungen (größer als die Minimally Important Difference) pubmed.ncbi.nlm.nih.gov.
Nebenwirkungen der Akupunktur traten kaum auf – in den Studien wurde kein schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis berichtet, pubmed.ncbi.nlm.nih.gov.
Die Autoren schlussfolgern, dass Akupunktur ein effektives und sicheres ergänzendes Verfahren für AD sein könnte, wenngleich die Studienqualität teilweise begrenzt und die Fallzahlen moderat sind.
Auch andere Reviews (z.B. eine Übersichtsarbeit 2018) kamen zu dem Ergebnis, dass Akupunktur eine spürbare Juckreizlinderung bewirken kann, allerdings weitere hochwertige Studien nötig seien sciencedirect.com.
Interessanterweise legen experimentelle Arbeiten nahe, dass Akupunktur biologische Effekte hat – etwa Reduktion der Mastzell-Aktivität und modulierter Neurotransmitter-Ausstoß, was die Juckreizreduktion erklären könnte.
TCM-Kräuter – Studienlage: Die Anwendung innerlicher chinesischer Kräuter bei Neurodermitis wurde erstmals in den 1990er Jahren durch westliche Studien bekannt (drei kleine RCTs in London zeigten überraschend gute Erfolge eines 10-Kräuter-Abkochung, publiziert u.a. Lancet 1992). Aufgrund von Berichten über Lebertoxizität bei einzelnen Patienten und Qualitätsproblemen einiger importierter Rezepturen (Schwermetall- und Steroid-Verunreinigungen) wurde diese Therapie jedoch kontrovers gesehen. In den letzten Jahren haben Forscher in China und Australien weitere Studien durchgeführt. Ein aktueller systematischer Review (Cai et al., Front Pharmacol 2022) identifizierte 8 hochwertige RCTs zu standardisierten TCM-Kräuterrezepturen bei AD: Die gepoolten Daten zeigten, dass die Kräutertherapie gegenüber Placebo bei signifikant mehr Patienten zu einer starken Verbesserung (EASI-90) führte (RR = 3,72, p = 0,01), pmc.ncbi.nlm.nih.gov.
Auch der durchschnittliche SCORAD sank unter Kräutern deutlicher (um ~10 Punkte mehr als unter Placebo). Begleitsymptome wie Juckreiz (VAS) und Schlafstörungen besserten sich mit Kräutern ebenfalls signifikant. Nicht verbessert wurde allerdings der Lebensqualitäts-Score (DLQI) – hier ergab sich kein statistischer Unterschied. Die Gesamt-Nebenwirkungsrate war leicht höher in der Kräutergruppe (RR ~1,42; 95% CI 1,06–1,90), meist handelte es sich um leichte gastrointestinale Beschwerden.
Schwere Nebenwirkungen traten nicht gehäuft auf, so dass die Autoren die Sicherheit insgesamt als gegeben einstuften. In Summe lautete das Fazit: Chinesische Kräuter können Hautläsionen verkleinern, den Schweregrad mindern und den Schlaf verbessern und sind bei kurzer Anwendung relativ sicher, zeigen aber keine Verbesserung der Lebensqualität oder IgE-Werte. Dieses Ergebnis spiegelt möglicherweise wider, dass die Behandlung zwar objektiv wirkt, aber subjektiv (Lebensqualität) mit Belastungen verbunden ist (bittere Abkochungen, tägliche Einnahme).
Integrierte TCM-Strategien: Einige Studien untersuchten Akupunktur kombiniert mit Kräutern oder Akupunktur im Vergleich zu Antihistaminika etc. Im Allgemeinen scheint die Kombination aus beiden TCM-Methoden potentiell synergistisch, ist aber schwierig auszuwerten, da viele Variablen im Spiel sind. Westliche Leitlinien stehen der TCM unterschiedlich gegenüber: Die deutschsprachigen Leitlinien (z.B. ÖGDV/AGAMED 2019) raten eher ab, insbesondere von den Kräuterdekokten, wegen unklarer Inhaltsstoffe und fehlender Langzeitdaten pmc.ncbi.nlm.nih.gov.
Akupunktur wird in manchen Leitlinien als “Kann”-Empfehlung bei therapieresistentem Pruritus diskutiert, in anderen noch als nicht bewiesen angesehen (Stand ~2015). Die neueren positiven Studien könnten hier in Zukunft zu einer Neubewertung führen.
- Vorteile: Akupunktur und TCM bieten einen ganzheitlichen Therapieansatz. Akupunktur kann rasch Juckreiz lindern – Patienten berichten oft direkt nach der Sitzung von Erleichterung. Sie hat kaum systemische Nebenwirkungen und kann gut begleitend zur westlichen Therapie eingesetzt werden (z.B. um den Steroidbedarf zu senken). TCM-Kräuter zielen auf die Grundkonstitution ab; einige Patienten, die auf westliche Therapien nicht ausreichend ansprechen, erleben unter Kräutern deutliche Besserung (wie RCTs gezeigt haben pmc.ncbi.nlm.nih.gov. Ein Vorteil ist auch, dass bestimmte Begleitsymptome wie Schlafstörungen oder allergische Rhinitis mitbehandelt werden können – TCM sieht den Menschen als Ganzes.
- Risiken: Akupunktur birgt geringe Risiken: selten kleine Hämatome, sehr selten Infektionen (bei unsauberer Nadeltechnik). Bei starker Nadelphobie oder Kleinkindern ist sie evtl. schwierig umzusetzen. Kräutertherapie ist komplexer: Hier besteht das Risiko von Nebenwirkungen (v.a. Leber- und Nierenbelastung durch Inhaltsstoffe wie Alkaloide). Es wurden Fälle von Hepatitis unter bestimmten Kräuterrezepturen dokumentiert (diese enthielten evtl. hepatotoxische Bestandteile wie Radix bupleuri in hoher Dosis). Zudem kann es zu Interaktionen mit westlichen Medikamenten kommen – z.B. beschleunigen manche Kräuter den Abbau von Cyclosporin oder hemmen CYP-Enzyme. Ein praktisches Problem ist die Akzeptanz: Die Kräuterabkochungen schmecken oft sehr bitter und müssen täglich frisch zubereitet werden (Aufwand, Compliance!). In Europa sind zudem nicht alle TCM-Drogen legal verfügbar, es gibt Qualitätsunterschiede (Verunreinigungen mit Schwermetallen, falsche Pflanzensubstitution). Daher nur unter fachkundiger Leitung anwenden!
- Evidenzbewertung: Moderat. Akupunktur hat in neueren Studien signifikante Wirkeffekte auf AD-Symptome gezeigt, allerdings auf Basis noch begrenzter Daten (acht RCTs). Die Evidenzqualität ist aufgrund von kleinen Fallzahlen und Heterogenität der Protokolle (unterschiedliche Punkte, Techniken) als mäßig einzustufen – dennoch ist ein spezifischer Benefit plausibel und weitgehend nebenwirkungsfrei. TCM-Kräuter verfügen über eine mittlere Evidenz: Mehrere RCTs (auch doppelblind) belegen eine Wirksamkeit bei AD, aber Sicherheitsaspekte und fehlende Langzeitdaten limitieren die Empfehlung. Westliche Leitlinien sind hier sehr vorsichtig. Insgesamt kann TCM – vor allem Akupunktur – als adjuvante Option in Erwägung gezogen werden, idealerweise im Rahmen eines integrativen Konzepts und unter Kontrolle erfahrener Therapeuten.
3.8 Umweltbelastungen & Toxine
Therapeutische Ansätze: Unter diesem Stichpunkt fallen Maßnahmen, die auf Umweltfaktoren als Ursache/Verstärker der Neurodermitis abzielen. Dazu gehören:
- Allergen-Vermeidung: z.B. Reduktion von Hausstaubmilben (Encasing von Matratzen, Luftentfeuchter), Entfernung von Schimmelpilzquellen, Meiden von Tierhaaren, Pollenfilter etc.
- Schadstoff-Minimierung: Rauchfreies Umfeld (Tabakrauch verschlechtert AD), Wohnen in wenig belasteter Luft (Stadt vs. Land), Vermeidung von Lösungsmitteln, Parfümstoffen, Weichmachern im Haushalt.
- “Entgiftungstherapien”: In der Alternativmedizin werden manchmal Entgiftungskuren, Ausleitungsverfahren (Schwermetallausleitung, Leberreinigung) oder spezielle Detox-Diäten empfohlen, um vermeintliche “Toxinbelastungen” des Körpers zu senken, die die Haut belasten könnten.
- Umweltmedizinische Diagnostik: Dazu gehören Epikutantests auf Kontaktallergene (konventionell), aber auch umstrittene Tests auf “Umwelttoxine” im Blut oder Haar.
Studienlage: Allergenmeidung: Bei nachweisbaren Allergien (z.B. Hausstaubmilbenallergie bei AD-Patienten) erscheint die Allergenvermeidung sinnvoll und wird empfohlen. Studien zeigen jedoch, dass isolierte Milbenvermeidungsmaßnahmen oft nur geringfügigen Effekt haben – eine Cochrane-Analyse fand keine signifikante Verbesserung der AD allein durch Encasing etc., vermutlich weil die Allergenkarenz nie absolut ist. Dennoch ist es plausibel, dass eine Reduktion der Allergenlast die Ekzemschübe vermindert, insbesondere in Kombination mit anderen Therapien. Kontaktallergene (Nickel, Duftstoffe) können bei AD überlappend eine Rolle spielen – hier ist die Evidenz klar: bei positivem Epikutantest sollten diese Stoffe gemieden werden, sonst chronifizieren Handekzeme und ähnliches.
Schadstoffe/Pollution: Es gibt epidemiologische Hinweise, dass Luftverschmutzung (Feinstaub, NO<sub>2</sub>, Schwebstoffe) mit höherer AD-Prävalenz einhergeht. Kinder in stark belasteten urbanen Gebieten haben etwas häufiger und schwerer Neurodermitis als solche in sauberer Luft. Allerdings sind dies Assoziationsstudien – keine therapeutischen Interventionen. Indirekt lässt sich ableiten, dass eine Verbesserung der Luftqualität AD-Patienten zugutekommen kann. Beispielsweise berichten Eltern oft, dass im Urlaub am Meer oder in den Bergen (wo weniger Luftschadstoffe und Allergene sind) die Haut besser wird.
Toxine & Schwermetalle: Einige alternative Hypothesen machen Schwermetallbelastungen (wie Quecksilber, Blei, Cadmium) im Körper für Neurodermitis mitverantwortlich. Wissenschaftlich ist ein solcher Zusammenhang nicht klar belegt. Eine große koreanische Bevölkerungsstudie fand keine signifikante Korrelation zwischen den Blutwerten von Blei, Quecksilber oder Cadmium und dem Vorliegen von AD (oder Asthma), nachdem konfundierende Faktoren bereinigt wurden, worldallergyorganizationjournal.org.
Diese Ergebnisse sprechen gegen die Annahme, dass übliche Umweltbelastungen mit Schwermetallen direkte Auslöser für Neurodermitis sind. Zwar modulieren schwere Metalle das Immunsystem und können Kontaktdermatitiden verursachen (Nickelallergie!), doch ein generelles “Entgiften” bei AD ist nicht evidenzbasiert.
Entgiftungstherapien: Es liegen keine kontrollierten Studien vor, die belegen, dass Chelat-Therapien (zur Schwermetallausleitung) oder Darmreinigungen etc. einen Nutzen bei AD hätten. Solche Eingriffe sind teils belastend (Chelatoren entziehen auch essentielle Metalle, Darmspülungen stören die Flora) und sollten ohne klare Indikation nicht durchgeführt werden.
Praktische Empfehlungen aus Umweltperspektive: Viele Standardtipps für Neurodermitis-Patienten beziehen sich auf Umweltfaktoren: regelmäßiges Lüften, moderate Temperaturen und Feuchtigkeit in Wohnräumen, Vermeidung von Zigarettenrauch, Verwendung von milden, unparfümierten Reinigungsmitteln und Waschmitteln, Tragen von Baumwollkleidung statt wolliger, usw. Diese Empfehlungen basieren auf klinischer Erfahrung und reduzieren Irritationen.
- Vorteile: Eine kontrollierte, allergen- und reizstoffarme Umgebung kann Exazerbationen vorbeugen. Oft genügen einfache Maßnahmen (keine rauchende Personen im Haushalt, Haustiere außerhalb des Schlafzimmers, hypoallergene Kosmetik), um die Haut zu entlasten. Solche Ansätze sind präventiv sinnvoll und unterstützen die Therapie. Außerdem fördern sie allgemein die Gesundheit (z.B. Rauchstopp). Wenn bestimmte Umwelttrigger identifiziert sind (z.B. Kind bekommt immer Schub bei Schimmelbefall im Bad), kann deren Beseitigung erheblich helfen.
- Risiken: Die Suche nach Umweltursachen kann übertrieben werden – manche Familien isolieren sich stark (keine Besuche mehr wegen möglicher Allergene, ständiges Desinfizieren), was Stress erzeugt. Extremmaßnahmen wie unnötige Chelat-Therapien zur “Entgiftung” können den Körper belasten (Nieren, Elektrolythaushalt) ohne Nutzen. Zudem darf man nicht alles auf “Umweltgifte” schieben – sonst verzichten Patienten eventuell auf effektive Behandlung und hoffen, mit einer Detox-Kur die Neurodermitis zu heilen. Das kann zu schweren, lange unbehandelten Verläufen führen. Ein weiterer Aspekt: strikte Allergenvermeidung im Kindesalter könnte die Toleranzentwicklung verhindern – beispielsweise wird heute nicht mehr empfohlen, alle möglichen Nahrungsmittel präventiv zu meiden, da dies eher Allergien fördern könnte.
- Evidenzbewertung: Gering. Die Vermeidung individueller bekannter Trigger (Allergene, Irritanzien) ist Teil der leitliniengerechten Basismaßnahmen – hier besteht Konsens aufgrund pathophysiologischer Plausibilität. Darüber hinausgehende pauschale Umwelt- und Toxin-Interventionen haben keine solide Evidenz. Es gibt zwar Korrelationen (Umweltverschmutzung und AD), aber kaum Interventionsstudien, die einen Zusatznutzen über Standardtherapie hinaus belegen. Maßnahmen wie Klimatherapie (andere Klimazone aufsuchen) können wirken, sind aber oft Kombinationseffekte (Sonne + Erholung + allergenarmes Umfeld). Entgiftungskonzepte entbehren einer wissenschaftlichen Grundlage bezogen auf AD. Zusammengefasst: eine “gesunde Umgebung” ist wichtig, aber Wundermethoden der Entgiftung sind nicht evidenzbasiert.
Bewertung & Vergleich mit konventioneller Medizin
Wirksamkeit und Stellenwert: Betrachtet man die genannten naturheilkundlichen Ansätze im Vergleich zur konventionellen Therapie, zeigt sich, dass keiner der alternativen Ansätze eine Neurodermitis heilen kann – jedoch einige durchaus ergänzende Effekte haben. Die Schulmedizin (Basispflege, antientzündliche Therapie, ggf. Systemtherapie) bleibt die Grundlage der Behandlung, insbesondere bei mittelschwerer und schwerer AD. Alternativmethoden können hier meist nur additiv eingesetzt werden. Beispielsweise kann eine gut verträgliche Pflanzencreme (mit Nachtkerzenöl, Johanniskraut o.Ä.) den Steroidbedarf senken, ersetzt aber nicht vollkommen ein topisches Steroid in akuten Schüben. Akupunktur kann den Juckreiz mindern, aber in schweren Fällen wird man trotzdem Biologika brauchen, um die Entzündung zu kontrollieren. Diätmaßnahmen helfen nur bei relevanten Allergien, ansonsten sollten die Patienten nährstoffreiche Kost beibehalten. Insgesamt eignet sich CAM besonders für leichte Verläufe (manchmal gelingt es, eine milde Neurodermitis allein mit naturheilkundlichen Maßnahmen zu managen) und als Unterstützung (Begleittherapie) bei schweren Verläufen.
Kombinierbarkeit und Interaktionen: Viele naturheilkundliche Behandlungen lassen sich gut mit der Schulmedizin kombinieren. So sprechen nichts gegen Akupunktur parallel zu topischen Steroiden – im Gegenteil könnte die dadurch erzielte Juckreizreduktion helfen, weniger Steroid einzucremen. Auch Vitamin D kann ergänzend zu jeder anderen Therapie gegeben werden; eine ausreichende Versorgung ist sogar förderlich, da neue AD-Medikamente (z.B. Dupilumab) besser wirken, wenn Entzündungsmediatoren wie IL-4 auf einen normalen Vitamin-D-Haushalt treffen. Pflanzliche Cremes können im Maintenance-Management (Erhaltungsphase) zwischen den Kortisonphasen benutzt werden, um die Haut zu beruhigen. Allerdings gibt es auch Wechselwirkungen/Risiken zu beachten: Bei gleichzeitiger Einnahme von TCM-Kräutern und Immunsuppressiva könnten unvorhergesehene Interaktionen auftreten (z.B. veränderte Leberstoffwechselrate). Eine Patientin unter Ciclosporin erlitt z.B. erhöhte Leberwerte, vermutlich durch mitverwendete Kräuter-Tee-Zubereitungen. Johanniskraut als phytotherapeutisches Antidepressivum induziert Enzyme und kann die Wirksamkeit von Ciclosporin oder Steroiden vermindern – hiervon ist abzuraten. Probiotika können die Immunantwort modulieren, theoretisch könnte das die Wirkung von Dupilumab minimal beeinflussen (praktisch kaum relevant, aber noch unerforscht). Homöopathie und Bioresonanz haben zumindest keine pharmakologischen Interaktionen, bergen aber das Risiko, dass Patienten andere Therapien vernachlässigen, wenn sie fälschlich auf deren Wirkung vertrauen.
Leitlinien-Empfehlungen vs. neuere Evidenz: Konventionelle dermatologische Leitlinien haben CAM-Methoden lange reserviert oder ablehnend gegenübergestanden. So heißt es in einer Publikation (Polnische dermatol. Ges., 2020), es werde nicht empfohlen, Akupunktur, Akupressur, Bioresonanz, Homöopathie oder chinesische Kräuter in der Neurodermitis-Behandlung einzusetzen – da zum Zeitpunkt der Leitlinie keine ausreichende Evidenz für deren Wirksamkeit vorlag. Diese pauschale Ablehnung könnte sich mit neueren Studien etwas differenzieren: Beispielsweise unterstützen aktuelle Daten die Akupunktur durchaus, so dass künftige Leitlinien diese vielleicht als ergänzende Option erwähnen. Für die meisten anderen Alternativmethoden bleibt die Evidenz jedoch gering, weshalb sie in der evidenzbasierten Medizin keinen hohen Rang haben. Wichtig ist: Ärzte sollten die CAM-Verfahren kennen, um informierte Gespräche mit Patienten führen zu können. Eine Übersichtsarbeit betont, dass Dermatologen sich der Bias und Limitationen der vorhandenen Studien bewusst sein müssen, um Patienten adäquat zu beraten. Gleichzeitig sollen Ärzte offen bleiben, da Patienten CAM nutzen – anstatt die Nutzung zu ignorieren, ist es sinnvoll, evidenzbasierte Tipps zu geben (z.B. „Nachtkerzenöl-Kapseln haben in großen Studien keinen großen Effekt gezeigt, sparen Sie sich lieber das Geld“ oder „Ein Versuch mit Probiotika für 2–3 Monate kann man machen, erwarten Sie aber keine Wunder“).
Grenzen der aktuellen Forschung: Viele Fragen sind noch ungeklärt. Die Heterogenität der Neurodermitis (unterschiedliche Phänotypen) könnte erklären, warum in Studien mal Effekte gesehen werden und mal nicht – vielleicht profitieren bestimmte Subgruppen stark von einem Verfahren, während andere gar nicht reagieren. Künftige Studien sollten versuchen, solche Subpopulationen zu identifizieren. Zudem fehlen oft Langzeitdaten: Man weiß z.B. nicht, ob eine 2-monatige Besserung durch Kräutertherapie anhält oder ob nach Absetzen Rebound-Schübe auftreten. Ebenso ist unklar, ob CAM-Methoden wie Balneotherapie nicht nur subjektiv, sondern auch immunologisch langfristig etwas verändern (etwa durch Mikrobiom-Modulation).
Die Standardisierung stellt ein Problem dar – vor allem bei Phytotherapie und TCM, wo verschiedene Rezepturen zum Einsatz kommen. Hier wäre mehr Forschung nötig, um die optimale Zusammensetzung herauszufinden (z.B. welche 5 Kräuter einer 10-Kräutermischung eigentlich den Hauptanteil des Effekts ausmachen). Letztlich fehlen auch ökonomische Betrachtungen: Einige CAM-Verfahren sind teuer (z.B. Kuraufenthalte, Langzeit-Akupunktur) – deren Kosten-Nutzen-Verhältnis im Vergleich zu modernen Medikamenten wäre interessant.
Integrationspotenzial: Trotz dieser Grenzen gibt es Bestrebungen, die sinnvoll erscheinenden Naturverfahren stärker zu integrieren. Ein praktisches Beispiel ist die Entwicklung von fertigen Medizinprodukten auf pflanzlicher Basis (z.B. Cremes mit Cardiospermum-Extrakt oder Vitamin-B12-Salbe), die als kortisonfreie Alternativen in leichten Fällen eingesetzt werden können. Einige Dermatologen arbeiten eng mit Ernährungsberatern zusammen, um Patienten mit Allergien individuell anzuleiten statt pauschale Diätverbote auszusprechen. Insgesamt wird ein individualisierter Therapieplan angestrebt, der für jeden Patienten die passenden Bausteine – konventionell und komplementär – kombiniert.
Fazit & Empfehlungen aus wissenschaftlicher Sicht
Neurodermitis erfordert eine vielschichtige Therapie, bei der konventionelle und naturheilkundliche Ansätze Hand in Hand gehen können. Die wissenschaftliche Evidenz der letzten Jahre zeigt, dass einige komplementäre Methoden einen nachweisbaren Nutzen bieten: Pflanzliche Topika (wie Kokosöl, Sonnenblumenöl, bestimmte Kräutercremes) können Entzündung und Juckreiz lindern, Akupunktur reduziert erwiesenermaßen den Juckreiz und Ekzembefall, Vitamin D-Gabe verbessert objektiv die Hautsymptome bei Mangelpatienten, und balneotherapeutische Kuren führen bei vielen Patienten zu einer deutlichen – wenn auch temporären – Besserung.
Andere Methoden wie Homöopathie oder Bioresonanz zeigen in kontrollierten Studien bislang keine konsistente spezifische Wirksamkeit. Allerdings sind diese Verfahren stark von der individuellen Anwendung abhängig – ein Faktor, der in standardisierten Studien kaum adäquat erfasst werden kann. In der Praxis berichten manche Patienten von tiefgreifenden Erfolgen, während andere keine Wirkung feststellen. Ähnlich verhält es sich mit Ernährungsmaßnahmen: Während allgemeine Diäten nur geringe Verbesserungen zeigen, können gezielte Karenzen bei nachgewiesenen Allergien sinnvoll sein.
Für die reine Studienauswertung steht fest, dass kein alternatives Verfahren die Basistherapie ersetzen können – doch man muss erkennen, dass einige Verfahren als ergänzende Bausteine Platz finden (müssen).
Empfehlungen für die Praxis: Für Ärztinnen und Ärzte gilt es, offen und informiert mit dem Thema umzugehen. Patienten sollten nach der Nutzung von Hausmitteln und CAM gefragt werden, um Chancen und Risiken abzuwägen. Evidenzbasierte Empfehlungen könnten sein:
- Hautpflege: Verwendung von naturbasierten Pflegeprodukten ohne Duftstoffe – z.B. Basiscremes mit Nachtkerzenöl oder Dexpanthenol –, um die Barriere zu stärken. Kokosöl kann als Zusatz abends auf trockene Stellen aufgetragen werden (antimikrobiell, rückfettend).
- Ernährung: Kein pauschales Meiden von Lebensmitteln ohne klaren Allergienachweis – zu strikte Diäten können Mangelzustände fördern und die Darmflora ungünstig beeinflussen. Bei Verdacht auf Nahrungsmitteltrigger kann ein gezielter Allergietest sinnvoll sein, wobei die Interpretation mit Bedacht erfolgen sollte: Nicht jede Sensibilisierung bedeutet automatisch eine relevante Unverträglichkeit. Eine vorsichtige Karenz unter fachkundiger Begleitung kann helfen, tatsächliche Auslöser zu identifizieren. Generell sollte die Ernährung nährstoffreich und entzündungsmodulierend gestaltet sein – für viele Patienten kann eine mediterrane Kost mit hochwertigen Fetten und frischen Lebensmitteln vorteilhaft sein. Probiotika werden oft als unterstützende Maßnahme genannt, allerdings sind die Studienergebnisse uneinheitlich, allerdings muss ich hier auf die verwendeten Präparate hinweisen! Manche Probiotika taugen einfach nichts und wirken auch nicht. Ich fürchte, dass dies in den Studien nicht berücksichtigt wird.
- Nahrungssupplemente: Vitamin-D-Spiegel messen und (falls niedrig) auf einen oberen Normalbereich anheben (durch tägliche Supplementation von z.B. 1000–2000 IE). Im Winter kann dies auch prophylaktisch erwogen werden. Omega-3-Fettsäuren (Fischölkapseln) können bei älteren Kindern und Erwachsenen mit chronischer AD als Entzündungsmodulator versucht werden (z.B. 1–2 g/Tag für 3 Monate). Vorsicht bei Gerinnungsstörungen oder bevorstehenden Operationen (zeitgerecht pausieren).
- Phytotherapie: Topische Phytotherapeutika bei leichten Ekzemen in Erwägung ziehen – z.B. eine Creme mit 2% Johanniskraut-Extrakt für lokal begrenzte Neurodermitis. Auch selbst aufgebrühte Schwarztee-Umschläge (Gerbstoffe!) können akut nässende Stellen austrocknen und beruhigen. Bei seriösem Interesse an TCM-Kräutern nur in Zusammenarbeit mit erfahrenen TCM-Therapeuten und engmaschigem Monitoring (Leberwerte) anwenden. Patienten über mögliche Risiken aufklären.
- Akupunktur: Bei erwachsenen Patienten mit starkem Pruritus oder als additive Maßnahme bei chronischem Verlauf kann ein Therapiezyklus mit Akupunktur (z. B. 1–2× pro Woche über 10 Wochen) in Erwägung gezogen werden. Einzelne Studien zeigen positive Effekte, insbesondere auf den Juckreiz, doch die Ergebnisse sind nicht einheitlich. Entscheidend ist die Erfahrung des Therapeuten: Ein individuell abgestimmtes Punkteschema kann die Wirksamkeit erheblich beeinflussen. Idealerweise sollte die Behandlung von medizinisch ausgebildeten Akupunkteuren durchgeführt werden. Der Erfolg sollte nach einigen Sitzungen evaluiert werden – zeigt sich keine spürbare Besserung, ist eine unnötige Verlängerung nicht sinnvoll.
- Bäder und Klimatherapie: Ölbäder oder Salz-Zusätze in mäßig warmem Wasser (ca. 34 °C, 10–15 Min.) 2–3× pro Woche können die Schuppung lösen und Juckreiz mindern. Anschließend gut eincremen! Bei mittelschwerer AD kann eine stationäre Kur (Reha) in spezialisierten Zentren erwogen werden – dort werden oft Schulmedizin und Naturheilkunde kombiniert (z.B. UV-Therapie + Salzbad + psychologische Schulung). Die Indikation sollte gestellt werden, wenn ambulante Maßnahmen ausgeschöpft sind.
- Kontaktallergien/Umwelt: Ein Epikutantest auf häufige Kontaktallergene (z. B. Metalle, Duftstoffe, Konservierungsmittel) kann bei Erwachsenen mit chronischer AD sinnvoll sein, wenn es Hinweise auf eine Überempfindlichkeit gibt. Allerdings zeigen Erfahrungswerte, dass nicht jede positive Testreaktion klinisch relevant ist – eine pragmatische Abwägung ist daher entscheidend. Ebenso können Maßnahmen zur Reduktion von Umweltbelastungen hilfreich sein, etwa eine rauchfreie Umgebung und ein möglichst reizstoffarmes Wohnumfeld. Übertriebene Hygienemaßnahmen oder eine radikale Allergenvermeidung können jedoch das Gegenteil bewirken und die Toleranzentwicklung der Haut beeinträchtigen. Auch das Konzept der Entgiftung bleibt umstritten: Während manche Therapeuten individuelle Erfolge mit Ausleitungsverfahren sehen, fehlt bislang eine robuste wissenschaftliche Evidenz. Patienten sollten sich daher gut informieren und solche Maßnahmen nur unter fachkundiger Begleitung in Erwägung ziehen.
Patientenedukation: Patienten und Eltern sollten gut über die Erkrankung und Therapiemöglichkeiten informiert sein (Stichwort: Neurodermitis-Schulung). Dabei kann man auch Hausmittel besprechen – was hilft wirklich, wovon lieber Finger lassen. Ein informierter Patient kann mit dem Therapeuten gemeinsam entscheiden, welche komplementären Wege er probieren möchte. Wichtig ist die Abklärung der Erwartungen: Naturheilkunde braucht oft Geduld, und man sollte realistisch sein, was machbar ist.
Zukünftige Entwicklungen: Die Wissenschaft sollte weiterhin komplementärmedizinische Verfahren mit stringenten Methoden prüfen, um evidenzbasierte Empfehlungen geben zu können. Allerdings bleibt die Herausforderung, dass manche Verfahren – insbesondere individuell angepasste Therapien wie Homöopathie oder Bioresonanz – sich nur schwer mit standardisierten Studienmethoden abbilden lassen. Dennoch gibt es vielversprechende Bereiche, die weiter erforscht werden sollten: Die Mikrobiom-Therapie (pro-/präbiotische Strategien) könnte helfen, das gestörte Haut- und Darmmikrobiom gezielt zu regulieren. Auch psycho-dermatologische Ansätze verdienen Beachtung, denn Stress ist ein nachgewiesener Verstärker von Neurodermitis. Mindfulness-basierte Techniken und gezielte Stressbewältigung können hier eine wertvolle Ergänzung sein.
Darüber hinaus lohnt sich ein Blick auf neue pflanzliche Wirkstoffe – etwa Kurkumin aus der Ayurveda-Medizin, das entzündungshemmende Eigenschaften besitzt. Letztlich könnte eine bessere Integration dieser Ansätze in ein modernes, patientenzentriertes Behandlungskonzept die Versorgung verbessern – vorausgesetzt, sie werden richtig angewandt und individuell abgestimmt.