Codein und seine Wirkung – nicht für Jedermann geeignet…

Codein ist ein verhältnismäßig preiswertes Schmerzmittel. Deshalb kommt die Substanz häufig zum Einsatz. Codein gehört zur Gruppe der Opiate. Es entfaltet aber erst seine schmerzstillende Wirksamkeit nach der Verstoffwechslung, bei der ein aktiver Metabolit entsteht: Morphin. Codein selbst vermag zwar an die Opioidrezeptoren anzubinden, aber seine Affinität (Bindungsstärke) zu diesen Rezeptoren ist vergleichsweise schwach. Das für die Metabolisierung zuständige Enzym heißt CYP2D6 und gehört zur Familie von Cytochrom P450. Sein Vorkommen ist so begrenzt, dass 400 mg Codein pro Tag das Maximum an metabolisierbarer Substanz darstellen. Eine Dosiserhöhung über diese 400 mg würde zu keiner stärkeren Wirkung führen, höchstens zu einer länger anhaltenden Wirksamkeit und einem signifikanten Mehr an Nebenwirkungen.

Seit nur wenigen Jahren jedoch weiß man, dass das Bild sehr viel komplexer beziehungsweise komplizierter ist als ursprünglich angenommen. Denn wie die meisten Enzyme wird auch das CYP2D6 von Genen gesteuert. Und hier gibt es kein einheitliches Bild. Es gibt eine Reihe von Genen, die für die Ausprägung = Aktivität des Enzyms verantwortlich sind. Und dementsprechend variabel ist damit die Palette an Phäno-Typen (Varianten). Folgende Varianten lassen sich unterscheiden:

  • Langsame Metabolisierer
  • Intermediäre Metabolisierer
  • Schnelle Metabolisierer
  • Ultraschnelle Metabolisierer

Als „normal“ gelten die schnellen Metabolisierer. Bei den langsamen Metabolisierern fehlt praktisch die Genfunktion. Damit ist zum Beispiel Codein so gut wie unwirksam bis auf die schwache Wirksamkeit aufgrund der schwachen Bindung der Muttersubstanz an die Opioidrezeptoren. Wird hier höher dosiert, um endlich zu einer zufriedenstellenden Wirksamkeit zu gelangen, erhält man in der Regel nur ein deutliches Mehr an Nebenwirkungen ohne dabei die Wirkung zu beeinflussen.

Die ultraschnellen Metabolisierer sind die Patienten, die als therapieresistent gelten. Bei diesem Patiententyp ist eine Erhöhung der Dosierung erforderlich, um einen therapeutischen Effekt zu erzielen. Die Therapieresistenz beruht auf einem hohen Anflutungseffekt von Morphium im Gehirn, der die Rezeptoren „ausleiert“, das heißt ihre Ansprechbarkeit ermüden lässt. Eine höhere Dosis würde den Ermüdungseffekt zumindest teilweise wieder kompensieren. Diese Patienten schauen immer wieder auf die Uhr, um ihre nächste Medikation nicht zu verpassen.

Diese rasche Anflutung von Morphin im Gehirn kann in einigen wenigen Fällen so drastisch sein, dass das Atmungszentrum beeinflusst und die Atmung blockiert wird. Dies ist besonders bei ultraschnellen Metabolisierern unter Kindern der Fall. Aus diesem Grund ist Codein bei Kindern kontraindiziert.

Wenn man sich die Verteilung der Metabolisierungs-Typen anschaut, dann gibt es immerhin 7 Prozent langsame und 40 Prozent intermediäre Metabolisierer. Oder mit anderen Worten: Fast 50 Prozent aller Patienten sind für eine Schmerztherapie mit Codein so gut wie nicht geeignet. Die Zahl der ultraschnellen Metabolisierer dagegen liegt bei nur 3 Prozent (Cytochrom P450 2D6 (CYP2D6) [T88.7]).

Aber Codein ist nicht die einzige Substanz, die von CYP2D6 verstoffwechselt wird. Fast 30 Prozent der gebräuchlichsten Medikamente werden über dieses Enzym abgebaut. Dazu zählen Psychopharmaka, Neuroleptika, Betablocker und Tamoxifen (Welcher CYP2D6-Typ sind Sie?). Eine Kombination von Codein mit einem dieser Medikamente wird die ohnehin schon bescheidenen Reserven von CYP2D6 noch mehr verbrauchen, so dass die Gefahr von Wechselwirkungen signifikant erhöht ist.

Fazit

Wer Codein als Schmerzmittel einnimmt und keine ausreichende Wirksamkeit erhält, der zählt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu den Metabolisierern, die wenig oder gar kein Enzym produzieren können. Hier ist der billige Kauf des Medikaments nichts anderes als aus dem Fenster geworfenes Geld. Eine Erhöhung der Dosierung bringt dann den Herstellern mehr Umsatz und dem Patienten mehr Nebenwirkungen, ohne die Wirkung zu beeinflussen.

Wer ein ultraschneller Metabolisierer ist, der muss mit deutlich höheren Dosierungen arbeiten, was den Einspareffekt dieses „preiswerten“ Medikaments wieder relativiert.

Ein möglicher Gen-Test auf CYP2D6 ist auch nicht die Meisterlösung des Problems, da dieser Test auch nicht kostenlos ist und wohl kaum von der Krankenkasse getragen wird. Zudem ist CYP2D6 nicht das einzig und alleinige Enzym, was die Metabolisierung von Medikamenten durchführt. Denn die Metabolite, wie Morphin zum Beispiel, müssen auch abgebaut werden. Und dafür sind in der Regel andere Enzyme aus der gleichen oder einer anderen Enzymgruppe verantwortlich.

Und zum weiterlesen: Codein ist nicht für Kinder geeignet!

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Beitragsbild: pixabay.com – MarcOliver_Artworks

René Gräber

René Gräber

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