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Ernährung, Featured

Glutamat schmeckt lecker und tut gut! Oder vielleicht doch nicht?

Gewaltige Nachrichten von der „Berliner Morgenpost“ (1):
Der Stoff „Glutamat“, der doch seit Jahren verteufelt wird, steckt laut Berliner Morgenpost  „in den gesündesten Lebensmitteln“. Sogar die Muttermilch enthalte schließlich Glutamat, wird dort berichtet. Wie könne es da zu einem „Chinarestaurant-Syndrom“ kommen? Nicht zuletzt verzehren ein Großteil der Asiaten Glutamat über glutamathaltige Soßen, und keiner von denen klage über Kopfschmerzen etc.

Inhaltsverzeichnis

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  • Die Gretchenfrage
  • Fazit
      • Rene Gräber:

Und was nun die Wissenschaftler angehe, die sich damals schon gierig auf dieses Thema gestürzt hatten, die beginnen angeblich von nun an, andere Einsichten zu gewinnen. Sie konnten sogar beweisen, dass es dieses Syndrom (eigentlich eine Natrium-Glutamat-Allergie) überhaupt nicht gäbe. Denn: Inzwischen existierten „kontrollierte klinische Studien“, bei denen keiner der Versuchspersonen durch den Genuss von glutamathaltigen Speisen ernsthaft erkrankte.

So weit die guten Nachrichten.

Die schlechten Nachrichten jedoch sind, dass die Wissenschaft der „Berliner Morgenpost“ nicht früh genug aufgestanden zu sein scheint. Es gibt keinen einzigen ernstzunehmenden Hinweis, dass Glutamat gesund ist. Glutamat ist notwendig, da es als Glutaminsäure (Glutamat ist das Salz der Glutaminsäure) wichtiger Bestandteil von Aminosäuren ist. Ohne Glutaminsäure gäbe es viele Proteine nicht. Aber Glutaminsäure ist auch ein Botenstoff im zentralen Nervensystem, hat also eine Doppelfunktion. Hier wird es in den Synapsen freigesetzt und bindet dann an spezifische Rezeptoren. Sie ist die einzige Aminosäure, die im Gehirn biochemisch aktiv ist. Das heißt, dass ohne die Glutaminsäure auch wichtige Funktionen des Nervensystems ausfallen würden.

Diese Grundlagen allerdings sagen nichts aus über den Grad der Unschädlichkeit von Glutamat. Etwas, was für unseren Organismus notwendig ist, muss nicht notwendigerweise auch unschädlich sein (Vitamin A ist ebenso notwendig und in hohen Konzentrationen extrem toxisch). Hier kommen die Mengen ins Spiel, die über die Schädlichkeit von Substanzen entscheiden. Aber nicht nur die Menge macht´s.

Ein weiterer Faktor ist der Zeitraum, in dem man große Mengen einer Substanz zu sich genommen hat. Von daher sind die zitierten Studien mehr als merkwürdig (will sagen: lächerlich), bei denen man kontrolliert Leuten glutamathaltiges Essen auftischt oder eben glutamatfreies, ohne dass die Probanden wissen, ob sie nun „glutamatisiert“ werden oder nicht. Laut Beschreibung beobachteten die Studienbetreiber die Probanden und schauten auf negative Wirkungen. Doch diese werden kaum kurz nach dem Essen eintreten, da diese Phänomene erst nach Jahren überhöhter Glutamat-Zufuhr zu erwarten sind. Und weil keiner der Testprobanden nach glutamathaltiger Mahlzeit tot vom Stuhl gefallen ist, schließen die Autoren (oder ist es doch nur die Zeitung, die zu dem Schluss kommt?), dass Glutamat ein Segen für die Menschheit sei.

Eine neue Arbeit aus dem Wissenschaftslager jedoch sieht diese Dinge wieder einmal vollkommen anders (ach, die wollen doch nur „Forschungsgelder akquirieren“). Diese Leute behaupten – wie viele andere auch zuvor – dass die Glutaminsäure in hohen Dosierungen im Gehirn zu einem „Tsunami“ an Natrium und Calcium in den Nervenzellen führt. Besonders die hohen Konzentrationen an Calcium in den Zellen setzen deren Mitochondrien außer Gefecht, aktivieren Proteasen (Enzyme, die Proteine spalten), akkumulieren freie Radikale und setzen Stickoxid frei. Diese Ereignisse sind ein Todesurteil für die betroffene Zelle (Link zur Studie).

Und wenn die Glutamatzufuhr weiter geht, Tag für Tag, Woche für Woche, dann ist mehr als nur eine Zelle von diesen Vorgängen betroffen. Selbstverständlich stellt die Zufuhr an Glutaminsäure über natürliche Nahrungsmittel kein Problem dar, da hier physiologische Konzentrationen aufgenommen werden, die einfach in keinem Vergleich stehen zu den Glutamatzusätzen seitens der Lebensmittelindustrie. Denn die will uns nicht deshalb mit notwendigen Aminosäuren füttern, damit wir gesund bleiben. Die Lebensmittelindustrie will mit dem Einsatz des Geschmacksverstärkers erreichen, dass auch Pappe noch nach einem leckeren Kotelett schmeckt, damit man die Pappe teuer verkaufen kann.

Die Gretchenfrage

Jetzt fragt sich jeder, wer den nun recht hat, die Berliner Zeitung oder die Wissenschaftler? Wenn es um Wissenschaft geht, würde man reflexartig den Wissenschaftlern das Vertrauen aussprechen, denn das ist ihr Fachgebiet. Daher nimmt die Zeitung auch einen geschickten Umweg, um die Fachkräfte zu verunglimpfen und das Glutamat hoch leben zu lassen: Sie entdecken miese Intentionen bei den Wissenschaftlern. So schreibt das Blatt im fraglichen Artikel: „Andere Wissenschaftler griffen gierig nach dem vermeintlich neuen Leiden, gab es ihnen doch die Möglichkeit, Forschungsgelder zu akquirieren.“

Soso. Nachdem also jetzt die glutamatkritischen Forscher über ihre Geldgier gestolpert sind, kommen die aufrechten Wissenschaftler aus der Morgenblattredaktion zu Wort und führen ihre eigenen Arbeiten im Chinarestaurant durch, wie oben beschrieben. Wenn auch diese merkwürdige Versuchsanordnung zu drolligen Ergebnissen kommt, ein wichtiges Ergebnis steht schon vor dem Beginn der Chinarestaurant-Posse fest: Glutamat ist gut für uns alle, denn „Lebensmittelhersteller können so an teuren Rohstoffen wie Fleisch, Shrimps oder Käse sparen“. Diese Feststellung wurde in einem Artikel der „Berliner Morgenpost“ getätigt, der 2 Jahre zuvor in der Online-Ausgabe unter dem Titel: „So schädlich ist Glutamat im Essen wirklich“ (2) erschienen war. Der Unterschied zwischen altem und neuem Artikel ist die wesentlich differenziertere Diskussion des Sachverhalts in dem Vorgängerartikel.

Fazit

Wenn Wissenschaftler das Glutamat verdammen, nur um an Forschungsgelder zu kommen, dann gilt diese Spiel“regel“ vor allem für die, die den Wissenschaftlern dies zum Vorwurf machen. Denn Zeitungen drucken, wofür sie bezahlt werden. Das gilt für die Boulevardblättchen, aber leider auch für einen Teil der wissenschaftlichen Fachzeitschriften. Denn wenn man durch billiges Glutamat „teure Rohstoffe“ in der Nahrungsmittelproduktion einsparen kann, dann ist das allemal 2 Artikel in 2 Tagen wert. Von der Machart der Artikel könnte man auf den dummen Gedanken kommen, dass der erste Artikel nicht dumm genug geschrieben war. Der Zweite war dann ganz nach dem glutamathaltigen Geschmack der Lebensmittelindustrie.

Hier möchte ich nochmal erwähnen, dass ich in meiner Berichterstattung völlig frei und unabhängig bin. Sie haben es nur mit meiner eigenen (durchaus manchmal auch voreingenommen) Meinung zu tun, die ich selbstverständlich durch mir genehme Tatsachen untermauere.

Daher wünsche ich Ihnen vor allem eins: Bleiben Sie kritisch, sowohl gegenüber mir, als auch gegenüber allen anderen Meinungschreibern – auch wenn diese eine Doktor-, Professor- oder sonstige Titel führen.

Bilden Sie sich Ihr eigene Meinung.

Ich freue mich, wenn ich ein Puzzleteilchen davon sein darf.

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Quellen:

  • (1) Artikel der Berliner Morgenpost vom 10.11.11: morgenpost.de/web-wissen/article1822437/Glutamat-viel-Geschmack-viele-Vorurteile.html
  • (2) Artikel der Berliner Morgenpost vom 26.2.2009: morgenpost.de/web-wissen/gesundheit/article1042992/So-schaedlich-ist-Glutamat-im-Essen-wirklich.html

Rene Gräber:

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Wer schreibt hier?

René Gräber

Mein Name ist René Gräber. Ich arbeite seit 1998 in eigener Praxis für Naturheilkunde. In dieser Zeit habe ich viele Patienten mit unterschiedlichsten Beschwerden begleitet. Mein Ansatz verbindet klassische Naturheilkunde mit moderner Ernährungs- und Orthomolekularmedizin. Ich setze auf Verfahren, die den Organismus regulieren und stärken: Heilpflanzen, Vitalstoffe, Ernährung und Ausleitungsverfahren.

Auf Yamedo.de teile ich Fachwissen, Forschungsergebnisse und Praxiserfahrungen aus über 25 Jahren Arbeit in der Naturheilkunde.

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