Stammzellen aus Urin?

Stammzellen aus Urin – dies ist keine absolut neuartige Idee. Bereits im Jahr 2012 berichtete der „Spiegel“[1], das chinesische Forscher Zellen aus menschlichen Urin in Hirnzellen umgewandelt hatten. Dies kann nur funktionieren, wenn es sich bei diesen Zellen um eine Art Stammzellen handelt, die im Labor künstlich so beeinflusst werden, dass sie zu der gewünschten Zellart heranreifen.

Interessant wurde diese Entdeckung im Zusammenhang mit der Diskussion um menschliche embryonale Stammzellen, deren Gewinnung nur durch die Abtötung von menschlichen Embryonen gewährleistet werden kann. Hier trat das gleiche Problem auf, welches auch für Abtreibungen zum Tragen gekommen war und an dem sich die Geister schieden. Die Gegner von Abtreibungen waren natürlich auch die, die die Gewinnung und den Einsatz von embryonalen Stammzellen ablehnten.

Aber Stammzellen aus Urin waren ethisch unbedenklich und daher interessant.

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Was sind Stammzellen?

Stammzellen sind Zellen, die undifferenziert sind und damit keine spezifische Funktion haben. Sie sind das „Ausgangsmaterial“, welches durch Differenzierung erst seine spezifischen Eigenschaften und Aufgaben erhält, was in der Praxis heißt, dass diese Zellen erst in der Folge zu Nervenzellen oder Blutzellen oder Muskelzellen oder Knochenzellen etc. heranreifen.

Es gibt verschiedene Typen von Stammzellen mit verschiedenen flexiblen Eigenschaften. Embryonale Stammzellen können praktisch zu allen Körperzelltypen ausdifferenzieren. Adulte Stammzellen entwickeln sich nur zu bestimmten festgelegten Zelltypen.

Es beginnt mit der befruchteten Eizelle, die nach wenigen Teilungszyklen omnipotente (totipotente) Stammzellen entwickelt, die sich zu jeder Form von Organismen entwickeln können.

Im Verlaufe der Entwicklung entstehen dann pluripotente Stammzellen. Diese Zellen können zu fast jeder Form von Zellen ausdifferenzieren. Daraus entstehen multipotente Stammzellen, deren Variabilität bereits deutlich mehr eingeschränkt ist. Aus ihnen entstehen eine Reihe von Zelltypen, die allerdings zu einer eng verwandten Familie des jeweiligen Zelltyps gehören.

Weiter geht es mit den oligopotenten Stammzellen, deren Differenzierungspotenzial jetzt deutlich eingeschränkt ist auf nur einige wenige Zelltypen. Hierauf folgen die unipotenten Stammzellen, die nur immer zu einer spezifischen Zellart ausdifferenzieren. Sie haben allerdings die Eigenschaften, sich selbst erneuern zu können, was sie von allen Nicht-Stammzellen unterscheidet.

Und wieder jubelt die Schulmedizin

Im Jahr 2012 gönnte sich „Medscape“ einen ausgedehnten Beitrag[2] zum Thema Stammzellen aus Urin. Darin beginnt es mit der Aussage, dass Stammzellen angeblich Alleskönner seien. Und mit ihnen könnten wir „eines Tages“ (also jetzt noch nicht?) ein Ersatzteillager für geschädigte Gewebe für Patienten aufbauen.

Um allerdings embryonale Stammzellen zu vermeiden, müssen die Forscher auf andere Quellen zurückgreifen, nämlich bereits bestehende Körperzellen, die wieder in einen „Stammzell-Zustand“ zurückgeführt werden. Hierzu dienen zum Beispiel Haut- und Blutzellen. Nur hier kommt es oft zu Fehlern, die anscheinend mit einem erhöhten Krebsrisiko in Verbindung stehen.

Da kam die Nachricht, dass man Stammzellen aus Urin gewinnen kann, genau zum richtigen Zeitpunkt. Die konnten angeblich, zu mindestens bei Mäusen, ohne kritische Veränderungen in einen „Zellstamm-Zustand“ gebracht werden, der es im Reagenzglas erlaubte, nach knapp zwei Wochen Nervenzellen wachsen zu lassen. Und diese wurden dann neugeborenen Ratten implantiert.

Ob diese implantierten Nervenzellen auch wirklich funktionstüchtig waren, erfährt der Leser nicht. Er erfährt nur, dass die Implantation keine Tumore verursachte, was der Autor bereits als Erfolg dieses Verfahrens zu feiern schien.

Die „Ärztezeitung“[3] jubelte in einem Beitrag von 2013 über „künstliche Zähne aus Urin“ mit einer Erfolgsquote von 30 %. Beim näheren Nachlesen stellt sich heraus, dass nicht 30 % der behandelten Zahnlosen jetzt neue Zähne wachsen lassen konnten. Vielmehr zeigte sich bei Mäusen, dass die modifizierten Stammzellen zu Epithelzellen verwandelt wurden, die dann zu „elementaren, zahnartigen Strukturen“ heranwuchsen. Das wird den Bedarf an Zahnprothesen bei Mäusen signifikant verringern.

Die Uni Düsseldorf hat sich ebenfalls seit einiger Zeit dieses Themas angenommen.[4]

Im Jahr 2018 gab es sogar einen Preis für eine „preisgekrönte Geschäftsidee: Stammzellen aus dem Urin!“[5] In diesem Beitrag vom „Stammzellnetzwerk NRW“ wurde ebenfalls grenzenloser Jubel verbreitet. Wie es den Anschein hat, haben die Preisträger, Wissenschaftler von der Uni Düsseldorf, sogar eine Firma gegründet mit dem Namen „Uricell“ und einer dazugehörigen Webseite.

Der Link[6] zu dieser Webseite ist absolut uninteressant, da er inzwischen ins digitale Nirwana führt. Und dem scheint auch die preisgekrönte Geschäftsidee gefolgt zu sein. Links zu dem preisgekrönten Geschäftsmodell gibt es nur noch in der „Wayback Machine“.

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Eigenurin-Therapie und Stammzellen

Man könnte natürlich jetzt auf den Gedanken kommen, dass die Effektivität der Eigenurin-Therapie[7] auf den im Urin vorkommenden Stammzellen beruhen könnte. Aber hat Urin überhaupt Stammzellen und warum sollten welche dort sein?

Urin hat keine Stammzellen. Die müssen erst noch im Labor „hergestellt werden“, indem sie, wie oben beschrieben, in das „Stammzell-Stadium“ zurückgeführt werden, was bislang fast immer mit Problemen verbunden war. Denn die so gewonnenen Stammzellen mussten genetisch verändert werden, was mit einem gewissen Krebsrisiko verbunden war.

Die Zellen, die im Urin vorkommen und zur Gewinnung von Stammzellen dienen, sind abgestoßene Nierenzellen, die man zuvor nur über einen invasiven Eingriff als Biopsie hatte gewinnen können. Damit hatte man mit der Entdeckung dieser Zellen im Urin eine nicht-invasive Methode gefunden, diese Nierenzellen zu gewinnen, die zudem ein unbegrenztes Vorkommen garantierte.

Dazu gesellt sich noch die Tatsache, dass diese Zellen nicht in Konzentrationen vorkommen, die eine therapeutische Wirkung versprechen, selbst wenn diese Zellen Stammzellcharakter hätten.

Damit können wir davon ausgehen, dass die Wirksamkeit der Eigenurin-Therapie mit Stammzell-Aktivitäten nichts zu tun hat. Hier dürften andere Mechanismen zum Tragen kommen. In der mehr alternativ ausgerichteten Schulmedizin wird die Eigenurin-Therapie als eine „Reiz- und Umstimmungstherapie“[8] bezeichnet, bei der der Eigenurin dazu dient, im Körper Reize zu setzen, die vom Immunsystem beantwortet werden. Ein ähnliches Prinzip wird auch bei der Eigenbluttherapie angewandt.

Angeblich gibt es laut Schulmedizin keine wissenschaftlichen Belege für die Wirksamkeit der Eigenurin-Therapie, dass man allerdings nur dann sagen kann, wenn man sich nicht die Mühe macht, hier etwas gründlicher zu recherchieren.

Es gibt in der Tat keine überwältigende Mengen an Arbeiten zu diesem Thema. Allerdings scheint das Wenige, was es gibt, ergiebiger zu sein als das, was die „Wissenschaft“ an Erkenntnissen und Therapieerfolgen zu Stammzellen aus dem Urin zu bieten hat.

Bereits im Jahr 2013 zeigten chinesische Wissenschaftler,[9] dass einer aus Eigenurin hergestellte traditionelle Medizin in der Lage ist, eine Immuntherapie einzuleiten. Hier werden entzündungsfördernde und allergiefördernde Zytokine blockiert. Allerdings wurde diese Arbeit an Mäusen mit Asthma durchgeführt, die einen beträchtlichen therapeutischen Erfolg gezeigt hatte. Eine derartig angelegte Arbeit mit Asthmatikern wäre sicherlich beeindruckender gewesen.

1984 erschien eine Arbeit[10], die einen Effekt der Eigenurin-Therapie bei Raynaud- Syndrom zeigte. Bei dieser Erkrankung kommt es zu Durchblutungsstörungen von Fingern und Zehen (periphere Durchblutungsstörungen). Leider ist diese Arbeit nicht gut dokumentiert.

Eine Arbeit[11] aus dem Jahr 2018 vermutet krebserregende Substanzen im Urin, da die Eigenurin-Therapie in Ayurveda zu spontanen Heilungen geführt hat, die nur mit derartigen im Urin enthaltenen Substanzen zu erklären sind.

Fazit

Stammzellen aus dem Urin waren offensichtlich einmal ein hoffnungsvolles Paket für mehr Geschäfte mit der Gesundheit, weil die dazu notwendigen Zellen kinderleicht und kostenlos über den Urin zu gewinnen waren. Offensichtlich hat die initiale Begeisterung einen gewaltigen Dämpfer erhalten, denn man hört wenig bis gar nichts mehr.

Es ist ein typisches Szenario der Schulmedizin, die glaubt, dass eine Idee bereits die Praxis zu sein hat, ganz ohne Evaluierung, ganz ohne Evidenz. Evaluierung und Evidenz hat nur die Alternative Medizin zu erbringen.

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Kleine Anmerkung: Die Sache mit den „5 Wundermitteln“ ist mit Abstand der beliebteste Newsletter, den meine Patienten gerne lesen…

Quellen:

Dieser Beitrag wurde am 15.11.2023 erstellt.

René Gräber

René Gräber

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