Zitronensaft zur Wundversorgung?

Bekannt geworden ist diese nicht alltägliche Praxis, mit Zitronensaft Wunden zu versorgen, durch den per sämtlichen Medien verbreiteten Wegberg-Prozess. In diesem Prozess ist der ehemalige Chefarzt Dr. Arnold Pier von der St. Antonius Klinik in Wegberg am Niederrhein wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt.

Er hat u.a. die Wunde einer 80-jährigen Patientin nach einer Darmoperation mit Zitronensaft versorgt. Diese Patientin ist gestorben. Nun versucht dieser Prozess zu klären, ob die Wundversorgung mittels Zitronensaft ursächlich für den Tod der Patientin war.

Herr Dr. Pier sagte während des Prozesses aus, er habe eine handelsübliche Zitrone benutzt und diese mit bloßen Händen angefasst. Die Zitrone habe er mit einem Messer zerteilt, die Hälften ausgepresst und den Saft mit einer Spritze aufgezogen. Mit diesem Saft habe er einen Papierstreifen durchtränkt und in die Wunde der Patientin gelegt.

Ein sachverständiger Gutachter, Herr Professor Sebastian Lemmen aus Aachen, sagte im Verhandlungstermin aus, dass es keine klinischen Daten oder Erfahrungswerte bezüglich des Zitronensaftes gibt. Er würde auch niemanden kennen, der Zitronensaft als Wundheilungsmittel einsetze. Dies wäre unüblich und nicht erforscht.

Gängige Mittel zur Wundheilung würden steril von der Industrie hergestellt. Eine mit bloßer Hand angefasste Zitrone sei aber nicht steril. Selbst wenn Zitronensaft antibakterielle Wirkungen entfalten würde, so könnten doch Pilze und Viren in die Wunde gelangen und Entzündungen hervorrufen. Herr Professor Lemmen verglich die Zitronensäure mit Salzsäure. Bei Behandlung von Operationswunden mit Zitronensaft sei mit Gewebeschäden zu rechnen.

Der von der Verteidigung benannte Gutachter, der Chemiker Peter Philippsen, ist hingegen der Meinung, dass Zitronensaft auch nach vier Wochen noch steril sei. Er berichtete von Experimenten mit Zitronensaft und bakterienverseuchter Blumenerde; 99,9 Prozent der Bakterien hätten den Zitronensaft nicht überlebt. Nach seiner Meinung ist Zitronensaft zur Wundheilung ungefährlich und stünde in keinem Vergleich zur Salzsäure. Zitronensaft hätte keine ätzenden Eigenschaften.

Zwischenzeitlich wurde Dr. Pier zu 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

Zitronensaft als Hausmittel hat eine lange Tradition. Eingesetzt als Mittel gegen Halsschmerzen und Erkältungskrankheiten, Sonnenallergie und einigen Hauterkrankungen ist die Zitrone sicherlich hilfreich. Die Zitrone hat entzündungshemmende, desinfizierende und reinigende Wirkungen.

Ob dies jedoch für große offene Wunden gilt, ist nicht hinreichend erforscht.

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Beitragsbild: pixabay.com – NoName_13