Koffein und Schmerz

„No pain, no gain“, so hallt uns ein Sprichwort aus den Vereinigten Staaten entgegen.

Gemeint ist damit, dass ein gewisses Maß an Opfern gebracht werden muss, damit man einen Erfolg einfahren kann. Und dies gilt fast sprichwörtlich für die körperliche Betätigung. Wer Muskeln aufbauen will, muss sich sportlich quälen. Und hier ist es besonders der Anfang, der die meisten Mühen bereitet – und die meisten Schmerzen. Jeder weiß, dass neue, ungewohnte Bewegungen über einen gewissen Zeitraum mehr oder weniger intensiven Muskelkater erzeugen.

Jetzt sind es aber doch wiederum die Amerikaner, die uns zeigen wollen, dass man „gainen“ kann, ohne fürchterliche zu „painen“.

Womit? Wie? Mit Koffein.

An der Universität von Georgia wurde erforscht, dass etwa 2 Tassen Kaffee einen Muskelkater bzw. dessen Muskelschmerz um bis zu 48 Prozent reduzieren konnte. Veröffentlicht wurde die Arbeit im „Journal of Pain“ 2006. Ich war interessiert daran, wie genau die Wissenschaftler zu dieser Aussage kommen, und hab mir die Studie für Sie mal genauer angesehen.

Um festzustellen, wie Sportanfänger auf den Koffeinkonsum nach sportlicher, für den Körper ungewohnte Belastung reagieren, wurden neun weibliche College Studenten in eine Studie aufgenommen. Keine dieser Studentinnen war an Koffein gewöhnt. Gleichfalls war keine von ihnen sportlich aktiv. Einen und zwei Tage nach einer Trainingseinheit, die einen durchschnittlichen Muskelkater erzeugte, wurde den Probanden entweder Koffein oder Placebo verabreicht. Danach wurden zwei verschiedene Quadrizeps-Übungen durchgeführt (Oberschenkelmuskulatur). Die erste Übung diente zur Entwicklung maximaler Kraft, die zweite Übung entwickelte nur submaximale Kraft.

Die Probanden, die eine Stunde vor der ersten Übung Koffein konsumiert hatten, zeigten eine Reduktion von Muskelschmerz von 48 Prozent im Vergleich zur Placebogruppe. Bei der submaximalen Kraftübung waren es immerhin noch 26 Prozent Schmerzreduktion.

Nachteil dieser Studie: Es gab nur neun Probanden. Damit ist man statistisch gesehen noch weit von irgend welchen Signifikanz-Leveln entfernt.

Als Ursache für die Schmerzsenkung vermuten die Autoren, dass Koffein die Adenosin-Rezeptoren des Organismus blockiert und damit den Schmerz unterdrückt. Dies ist ein wenig verwirrend, da man bei der Akupunktur einen genau gegenteiligen Effekt hat ausmachen können: Es entstehen durch die Akupunktur lokal hohe Adenosinkonzentrationen, die durch das Drehen der Akupunkturnadeln erst erzeugt werden. Hier wirkt Adenosin als das gesuchte Analgetikum.

Von daher mag es auch sein, dass die beobachtete Schmerzreduktion nur ein Zufallsprodukt ist, denn nur neun Probanden lassen keinerlei Aussage zu, ob es sich hier um einen gezielten Effekt handelt oder nicht.

Böse Zungen würden jetzt behaupten, dass bei so einer laschen Studie die Kaffee-Industrie tief in die Kaffeekasse gegriffen hat, um über die medizinische Wissenschaft Marketing zu machen. Immerhin müssen die Autoren feststellen, dass ihre Ergebnisse nicht so ohne weiteres auf Kaffee-Trinker zu übertragen sind.

Aber auch hier wieder ein logischer Gedankenfehler: Denn wenn es dem Koffein wirklich zuzuschreiben ist, Muskelschmerzen zu reduzieren, dann dürften Kaffee-Trinker von vorn herein (48 Prozent) weniger schmerzanfällig sein (und damit eher bereit, sich sportlich zu betätigen). Bei den Probanden handelte es sich zudem ausschließlich um Frauen. Keiner weiß heute, wie Koffein bei Männern in diesem Zusammenhang wirkt.

Von dieser Studie eine Empfehlung für einen umfangreichen Koffeinkonsum abzuleiten, hieße das Kind mit dem Bade auszuschütten. Koffein hat auch seine Nebenwirkungen, die für eine Reihe von Leuten nicht akzeptabel sind: Herzrasen, Gliederzittern, Unruhe etc. gehören dazu und sind für die Betroffenen alles andere als angenehm. Lesen Sie dazu auch: „Gesundheitsbewußte Menschen trinken grünen Tee statt Kaffee„.

Fazit: Wer seinem Körper etwas Gutes zukommen lassen will, der konzentriert sich auf zwei Bereiche der Ertüchtigung: Kalorienrestriktion bei der Ernährung, die immer mit einer Art von „Hungern“ einhergeht (vielleicht nicht gleich hungern, aber doch Verzicht auf liebgewonnene Lebensmittel) und körperliche Bewegung, die immer mit Schweiß und auch mal Schmerz einhergeht. Ob man will oder nicht, „No pain, no gain“.

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Beitragsbild: pixabay.com – Christoph

René Gräber

René Gräber

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3 Kommentare Kommentar hinzufügen

  1. Avatar
    Juliane Schäffler

    24. November 2011 um 15:01

    Von dieser Studie habe ich noch nie etwas gehört und bin als regelmäßige Marathonteilnehmerin nun umso glücklicher, ihn gefunden zu haben. Ich finde diese Seite insgesamt sehr hilfreich und bin regelmäßiger Besucher. Weiter so, Sie helfen damit sicher vielen Betroffenen weiter.

  2. Avatar
    C. Tiedemann

    15. Juli 2012 um 16:08

    Vor Jahren habe ich gelesen, dass Coffein die Schmerzempfindlichkeit erhöhen soll und man daher vor / nach dem Zahnarztbesuch eher auf Kaffee verzichten sollte…..

    Daher verblüfft mich der Artikel. Ich denke, da muss noch viel geforscht werden. Ich werde meinen Kaffeekonsum weiterhin versuchen, immer wieder zu reduzieren, wenn er mal wieder aus dem Ruder gelaufen ist, was er hin und wieder auf Grund stressiger Lebensweise (und „Fremdbestimmung“) tut.

    Ein Selbstversuch über mehrere Monate hat ergeben, dass ich doch eine „gewisse Abhängigkeit“ vom Kaffee habe, da ich Wochen brauchte, bis sich nach dem „harten Entzug“ von Kaffee und Tee (schwarz und grün) die permanente Müdigkeit und Schläfrigkeit verflüchtigte. Aber immerhin hab ich es geschafft. 🙂

  3. Kaffee und Sport verändern die DNA - René-Gräber-Blog

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