Polyneuropathie: Ursachen, Verlauf, Diagnose Therapie
Informationen aus der Naturheilpraxis von René Gräber

Bevor ich zu den Therapieoptionen komme, vorab einige allgemeine (auch eher "schulmedizinisch" bekannte
Dinge):
Als Polyneuropathie bezeichnet man eine Erkrankung des peripheren (von peripher = am Rande)
Nervensystems.
Zu diesem Nervensystem, kurz PNS genannt, sind all die Nerven zugehörig, die sich außerhalb des zentralen
Nervensystems (ZNS), befinden. Dazu gehören alle Nerven von den Nervenwurzeln, die an der Wirbelsäule austreten,
bis hin zu den feinsten Nervensträngen in Muskeln und Haut.
Auch die motorischen Nerven, die für die Steuerung der Muskeltätigkeit zuständig sind und die sensorischen
Nerven, die dem Gehirn Empfindungsinformationen zuleiten (zum Beispiel Schmerzfasern der Haut), gehören zum PNS.
Bei gesunden Menschen entstehen Schmerzen meist durch
Reize, die von außen auf den Körper einwirken, wie Verletzungen oder Verbrennungen und Entzündungen.
Leidet ein Patient unter einer Neuropathie ("Nervenkrankheit") sind einzelne Nervenfasern geschädigt oder
zerstört. Bei einer Polyneuropathie ist eine Vielzahl von Nerven betroffen.
Bei einer Polyneuropathie ist die Weiterleitung von Reizen gestört. Besonders an Armen und Beinen sind Symptome
einer Polyneuropathie zu spüren, weil die Nervenstränge hier außergewöhnlich lang sind. Sinnesreize werden gar
nicht, vermindert oder verstärkt an das Gehirn weitergeleitet.
Zunächst spürt der Patient meist ein Kribbeln und/oder Brennen. In der Folge werden Berührungen oder Schmerzen
nicht mehr erkannt oder gar nicht mehr wahrgenommen. Diese falschen Empfindungen kommen als Kälte- oder Wärme- oder
als Schmerzempfindung bei eigentlich nicht schmerzhaften Reizen vor.
Die Polyneuropathie ist meist ein Zeichen anderer Probleme, und stellt so eigentlich keine eigenständige
Erkrankung dar.
Ursachen & Risikofaktoren
Die häufigsten Ursachen einer Polyneuropathie sind ein fortgeschrittener Diabetes
(diabetische Polyneuropathie) und/oder der chronische Alkoholmissbrauch (alkoholische Polyneuropathie).
In der Medizin sind jedoch mehr als 200 verschiedene Ursachen für eine Polyneuropathie bekannt, denn neben dem
Diabetes und dem Alkoholmissbrauch können auchverschiedene Infektionen oder Stoffwechselerkrankungen, Mangelerscheinungen in
der Ernährung (z.B. Vitaminmangel), Medikamente und Gifte oder verschiedene Erbkrankheiten die eine
Polyneuropathie auslösen können.
Bei ungefähr 20 % der Patienten bleiben die Ursachen der Erkrankung allerdings ungeklärt.
Im Folgenden soll auf die häufigsten Auslöser der Polyneuropathie eingegangen werden.
Die diabetische Polyneuropathie
Die wahrscheinlichste Ursache einer diabetischen Polyneuropathie sind krankhafte Veränderungen kleinster Gefäße
(Mikroangiopathie). Durch diese Veränderung wird der Nerv nicht mehr ausreichend versorgt und stirbt langsam ab.
Aber auch der durch die Erkrankung bedingte erhöhte
Blutzucker oder ein gestörter
Fettstoffwechsel können unmittelbare Auslöser der Schädigung von Nerven sein.
Durch den erhöhten Blutzucker verkleben die Blutgefäße regelrecht, so dass es zu Durchblutungsstörungen der
Nervenfasern kommt. Dies wiederum bedingt eine Sauerstoffunterversorgung des Nervs - er erstickt sozusagen und
stirbt ab.
Nach der Einschätzung von Fachärzten ist davon auszugehen, dass ein Drittel der Diabetiker im Laufe ihres Lebens
an der diabetischen Polyneuropathie erkranken wird. Je länger der Diabetes
mellitus besteht, um so größer die Gefahr, auch an dem Nervenleiden zu erkranken.
Die alkoholische Polyneuropathie
Durch einen chronischen Alkoholmissbrauch kann es auch zu einer Polyneuropathie kommen. Ursache ist hier eine
Schädigung des Rückenmarks und eine dadurch verursachte Störung der Reizweiterleitung innerhalb der Nerven. Aber
auch eine durch Alkohol bedingte Mangelernährung (zumeist mit Vitaminmangel), führt oft zu einer Schädigung peripherer Nerven.
Weitere Ursachen für eine Polyneuropathie
Eine Polyneuropathie kann auch durch einen ernährungsbedingten Vitamin B12 - Mangel entstehen; beispielsweise durch einen gänzlichen Verzicht auf Fleisch-
und Milchprodukte, sowie Eier, wie das bei veganern zum Beispiel der Fall sein kann.
Während ein Vitamin-Mangel bei normaler Ernährung und gut funktionierendem Darm praktisch nicht vorkommen kann,
sind Menschen mit gastrointestinalen Störungen anfällig für die unzureichende Vitalstoff-Versorgung. Hier spielen
zunehmend die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen eine wichtige Rolle. Zwar kann der Körper die verringerte
Aufnahme durch Reserven eine gewisse Zeit kompensieren, doch irgendwann beginnt der Mangel auch den Darm zusätzlich
zu beeinträchtigen. Dadurch reduziert sich die Resorptions-Fähigkeit nochmals und der Verlauf der Polyneuropathie
wird beschleunigt.
Störungen in der Vitaminaufnahmefähigkeit des Körpers treten aber beispielsweise auch nach einer Operation am
Magen, bei Lebererkrankungen und/oder
Nierenerkrankungen und eine Schilddrüsenunterfunktion auf.
Auch die Aufnahme von Giften und die Einnahme bestimmter Medikamente, sowie bakterielle Infektionen oder
Viren können Ursache einer Polyneuropathie sein.
Eine Polyneuropathie kann auch das erste Symptom einer Krebserkrankung sein.
Vitamin B12 kann im Darm nur dann aufgenommen werden, wenn er durch ein im Magen gebildetes Glyko-Protein
gebunden wird. Dieser „Intrinsic Factor“ wird bei einigen Autoimmun-Krankheiten nur in unzureichender Menge
produziert. Diesen Sachverhalt sollte der Arzt bei Polyneuropathie abklären.
Und was ich aus heutiger Sicht auch abklären lassen würde: Darmpolypen! Mir wurden Fälle berichtet, dass nach der Entfernung von Darmpolypen auch die
Polyneuropathie verschwunden ist.
Symptome
Einige Patienten haben nur Störungen des Gefühls, andere Gefühlsstörungen und Kraftstörungen, oft treten auch
Schmerzen auf.
Charakteristisch für eine Polyneuropathie ist das Auftreten der Beschwerden zunächst an Zehen und Füßen, dann an
Fingern, Händen und Knöcheln bzw. Unterschenkeln.
Mit fortschreitender Erkrankung können Nervenzellen absterben. Eine Polyneuropathie entwickelt sich in den
meisten Fällen sehr langsam.
Zu den Symptomen, die auf eine Polyneuropathie hinweisen, gehören:
- "Ameisenlaufen" (Parästhesien)
- eine Muskelschwäche an Händen und Füßen
- Verdauungsstörungen (Verstopfung bzw.
Durchfall)
- Benommenheit und/oder Ohnmachtsanfälle nach dem Aufstehen
- Schwierigkeiten beim Wasserlassen und Impotenz
- Gewichtsverlust und Depression
- Sensibilitätsstörungen
Diagnostik
Um eine Polyneuropathie zu erkennen, ist zunächst eine ausführliche Anamnese notwendig. Darauf folgt eine
gründliche neurologische Untersuchung, bei der der Arzt die Empfindlichkeit der Haut auf Temperatur, Berührung und
Schwingungen (Vibrationen) testet.
Um die Nervenfunktion und die Berührungsempfindlichkeit zu prüfen, drückt der Neurologe einen Nylonfaden an Fuß
oder Hand, bis dieser sich biegt. Wenn der Patient den Faden kaum oder gar nicht spürt, ist die
Berührungsempfindlichkeit verloren gegangen oder zumindest geschwächt.
Um die Vibrationsempfindlichkeit der Nerven zu testen, wird eine angeschlagene Stimmgabel an den Fuß- oder
Handknöchel gehalten. Ergänzend werden meist auch die Muskeleigenreflexe und deren Reaktionsfähigkeiten
untersucht.
Mit Hilfe der Elektromyografie (EMG) kann die Aktivität der Muskeln, mit einem Elektrokardiogramm (EKG) die
Herzstromkurve bestimmt werden.
Laboranalysen in Form besonderer Blutuntersuchungen, werden nur
in Einzelfällen zur Differenzialdiagnostik, also zum Abklären unklarer Ursache und/oder zur Abgrenzung weiterer
Krankheitsbilder sowie zur Verlaufskontrolle genutzt.
Auch können Entzündungsparameter bestimmt werden, die auf Erkrankungen wie Borreliose, HIV, Masern oder Diphtherie hinweisen.
Therapie
Hier muss wieder zwischen der diabetischen Polyneuropathie und einer Polyneuropathie, die sich auf andere
Ursachen zurückführen lässt, unterschieden werden.
Bei der diabetischen Polyneuropathie ist die Behandlung des Diabetes mellitus zunächst vordergründig
vorzunehmen. Ist der Blutzucker (Blutzuckerwerte) gut eingestellt, ist es sehr
unwahrscheinlich, dass sich Nervenschäden neu entwickeln oder bestehende Nervenschäden verschlechtern.
Die Polyneuropathie selbst sollte behandelt werden, um Beschwerden zu lindern und weitere Folgen auszuschließen.
Da gerade bei der diabetischen Polyneuropathie das Schmerzempfinden nur noch wenig oder gar nicht vorhanden ist,
sollten Patienten hier besonders Füße und Hände nach Blasen, Rötungen und Schwielen untersuchen. Eine ausgiebige
und sorgfältige Fuß- und Handhygiene ist dringend angezeigt.
Um Schmerzen zu lindern stehen verschiedene Optionen zur Verfügung, von denen ich die klassischen Schmerzmittel
allenfalls für eine Übergangslösung halte.
Anwendungen im Rahmen einer physikalischen Therapie (Krankengymnastik usw.) können auch zur
Schmerzlinderung eingesetzt werden. Diese kann die Schmerzbekämpfung unterstützen, vor allem bei sensiblen und
motorischen Störungen einer Polyneuropathie.
Dabei sind z.B. Krankengymnastik, Wechsel- und Bewegungsbäder, Elektrobehandlung, warme und kalte Wickel die Mittel der Wahl.
Bei Polyneuropathien anderer Ursache sollte die Therapie auf diese ausgerichtet sein.
Liegt beispielsweise der Erkrankung ein bakterieller Infekt zugrunde,
werden in der Schulmedizin meistens Antibiotika verordnet. Bei einer alkoholischen Polyneuropathie ist eine
vollständige Alkoholabstinenz dringend indiziert.
Entgiftung und Toxische Belastungen
Bei den meisten "Poly-Varianten" sehe ich fast immer eine "versteckte" (maskierte) toxische Belastung. Oftmals
findet man bei den Patienten Zahnherde (tote Zähne). Sehen Sie dazu meine Beiträge:
Dieses Thema sollte also unbedingt geprüft und gelöst werden...
Naturheilkunde, Vitalstoffe, Vitamine
Eine optimale Vitalstoff-Versorgung ist bei Polyneuropathie besonders wichtig. So wird die Ursache beseitigt,
wenn Mangel-Symptome zugrunde liegen, aber auch bei anderen Formen der Erkrankung kann eine Supplementierung eine
gute Unterstützung darstellen. In meinem Beitrag:
https://www.vitalstoffmedizin.com/polyneuropathie-vitamine.html gehe
ich darauf auch ausführlicher ein.
Vitamin B12 ist für die Nerven der wichtigste Vitalstoff, der fast ausschließlich in Lebensmitteln tierische
Herkunft vorkommt. Das Vitamin kann im Körper in größeren Mengen gespeichert werden, sodass bei Mangelernährung
(Vegetarier, Veganer) oder Malabsorption oft erst nach Jahren entsprechende Symptome auftreten. Gefährdet sind auch
Menschen in höherem Lebensalter.
Wahrscheinlich spielen hier auch Nebenwirkungen von Medikamenten eine entscheidende Rolle.
Bekannt ist beispielsweise, dass Protonenpumpen-Hemmer (Magensäure-Blocker) zur Malabsorption von Vitamin B12
führen. Ein Präparate-Wechsel, am besten aber ein Absetzen der Medikation, ist unter diesen Bedingungen
sinnvoll.
Eine Supplementierung mit Vitamin B12 sollte mit Bedacht erfolgen. Der Vitalstoff kommt in vielen Variation vor,
die nicht alle zur aktiven Form gehören. Empfohlen werden daher beispielsweise Adenosylcobalamin, Methylcobalamin
und Hydroxocobalamin. Schon über die Mundschleimhaut werden die Wirkstoffe aufgenommen, deswegen können Menschen
mit Darmerkrankungen die Tabletten länger im Mund behalten, um die Absorption zu optimieren.
Auch der Mangel an Vitamin B1 (Thiamin) kann eine Polyneuropathie verursachen. Symptome können schon nach 2
Wochen auftreten, weil die Speicherkapazität des Körpers begrenzt ist. Meistens reicht eine Ernährungsumstellung
auf thiamin-reiche Lebensmittel wie Schweinefleisch, Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte und grünes Gemüse aus. Eine
Supplementierung soll nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgen.
Vitamin B6 (Pyridoxin) ist für die Gesunderhaltung der Nerven ebenfalls erforderlich. Wenn eine Polyneuropathie
vorliegt, kann eine optimale Versorgung hilfreich sein, besonders wenn ein Mangel die Erkrankung ausgelöst hat.
Pyridoxin darf aber auf keinen Fall überdosiert werden, da sonst einige Nebenwirkungen drohen. Dazu zählen auch
Nervenschäden (Neuritis) sowie entzündliche Hauterkrankungen und eine Überempfindlichkeit gegen Licht. Diese
Störungen treten aber erst ab einer Dosierung von 1.000 mg pro Tag auf. Die Supplementierung darf höchstens 200 mg
täglich betragen.
Auch Vitamin E ist ein Schutz-Faktor für die Nerven. Besonders Menschen mit Morbus Chron sind anfällig für den
Mangel an dem Vitalstoff. Die entzündlich Darmerkrankung ist mit verminderter Fett-Resorption verbunden, die auch
zur Malabsorption des fettlöslichen Vitalstoffes führt. In diesem Fall ist eine Ergänzung ratsam. Und damit
wären wir auch wieder beim Fokus Darm! Denn wenn dort Probleme vor liegen, sollten diese aus meiner Sicht (auch)
zuerst behandelt werden.
Dieser Beitrag wurde letztmalig am 30.07.2018 aktualisiert
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