Nahrungsmittelunverträglichkeit
Informationen aus der Naturheilpraxis von René Gräber

Eine Nahrungsmittelunverträglichkeit (Intoleranz) zeigt sich durch Überreaktionen des Körpers auf bestimmte
Nahrungsmittel oder deren Bestandteile und Zusatzstoffe. Je nach Reaktion unterscheidet man Allergie, Intoleranz,
Vergiftung und Aversion.
Die Auslöser müssen identifiziert werden, um sie künftig zu vermeiden. Die akuten Symptome nach dem Verzehr
bestimmter Nahrungsmittel verschwinden dann, allerdings können andere assoziierte Beschwerden aufgetreten sein, die
einer weitergehenden Behandlung bedürfen.
Eine angeborene, genetisch bedingte Nahrungsmittelintoleranz zeigt sich meist schon beim ersten Kontakt mit dem
unverträglichen Nahrungsmittel. Die erworbene Unverträglichkeit tritt erst Jahren nach dauernder Exposition auf.
Dazu gehören die Allergien.
Die Nahrungsmittelallergie
Eine Nahrungsmittelallergie ist eine Überreaktion des Immunsystems auf Antigene bestimmter Lebensmittel, die
gewöhnlich gut verträglich sind. Diese nicht genetisch bedingte Unverträglichkeit hat der Körper im Laufe des
regelmäßigen Kontaktes mit dem Antigen erworben. Die Gründe dafür sind bisher nicht vollständig verstanden.
Das Immunsystem produziert Antikörper, die durch die Bindung an die Antigene heftige Entzündungs-Reaktionen
auslösen. Insbesondere die Ausschüttung von Histamin führt zu teils gravierenden Symptomen. Diese Prozesse erfolgen
schon beim Kontakt mit den geringsten Mengen des Antigens.
Die Symptome einer Nahrungsmittelallergie
Nach dem Verzehr des betreffenden Lebensmittels treten starker Juckreiz (Pruritus), Hautrötungen, Nesselsucht (Urtikaria), Schnupfen,
Schleimhautschwellungen, Asthma bronchiale, Übelkeit, Erbrechen, Koliken und wässrige Durchfälle auf. In Extremfällen erleiden die Patienten einen anaphylaktischen Schock, der
bis zum Herz-Kreislaufversagen führen kann. In den meisten Fällen treten die Symptome unmittelbar nach dem
Genuss von Erdbeeren, Äpfeln, Erdnüssen oder anderen Lebensmittel auf.
Der Sofort-Typ
Sofort nach dem Kontakt mit dem Allergen vermitteln zellgebundene Antikörper (IgE) die Ausschüttung von
Histamin, Prostaglandinen und Leukotrienen. Diese, auch Typ I genannte Allergieform, betrifft 85 % aller
Lebensmittel-Allergiker.
Allergische Reaktion erst nach einigen Stunden
Seltener sind Formen der Nahrungsmittelallergie, bei der es zur Bildung von Immunkomplexen kommt. Immunglobuline
koppeln sich an zellgebundene Antigene, sodass das Komplementsystem aktiviert wird. In der Folge zerstören entweder
Killerzellen die antigenpräsentierenden Zellen (Typ II oder zytotoxischer Typ) oder es kommt zur Phagozytose
(„Zellfressen“) der betreffenden Zellen ein (Typ III). Diese beiden Allergieformen gehen mit der Bildung von
Immunglobulinen E (IgE) einher. Die fehlgeleitete Immun-Antwort dauert etliche Stunden, wodurch die Identifizierung
des Auslösers zunächst erschwert ist.
Die Reaktion kann auch Tage dauern
Mindestens einige Stunden, oft aber erst einige Tage nach dem Kontakt mit dem Allergen erscheinen die Symptome
beim Typ IV oder dem sogenannten „Spättyp“. Spezielle Lymphozyten, die T-Helferzellen I, schütten Zytokine wie den
Tumor-Nekrose-Faktor alpha aus. Die Botenstoffe führen dann zu den heftigen Entzündungs-Reaktionen. Der
Spättyp ist bei Lebensmittel-Allergikern sehr selten.
Die Pseudoallergie
Eine Pseudoallergie ist eine Erkrankung mit allergietypischen Symptomen, ohne eine echte Allergie zu sein. Dabei werden die Beschwerden nicht durch eine
Antigen-Antikörper-Reaktion ausgelöst. Dennoch kann das Immunsystem beteiligt sein.
Pseudoallergien sind beispielsweise Intoxikationen oder Unverträglichkeiten gegen Lebensmittelzusatzstoffe und
Medikamente wie nichtsteroidale Antirheumatika und Antibiotika. Der Terminus der „Pseudoallegie“ ist in der
Fachwelt allerdings umstritten. Am treffendsten beschreibt der Oberbegriff noch die Histaminintoleranz.
Die Histaminintoleranz
Histamin ist ein Botenstoff des Immunsystems und für heftige Entzündungs-Reaktionen verantwortlich. Das biogene
Amin wird nicht nur im Körper bei Bedarf produziert, sondern ist auch in vielen Lebensmitteln enthalten. Wie bei
jedem Hormon steuert der Körper den Bedarf an Histamin durch Synthese einerseits und Abbau andererseits. Einige
Menschen leiden an einer gestörten Produktion derjenigen Enzyme, die Histamin abbauen, wodurch es zur Anreicherung
von Histamin kommt. Der Enzym-Mangel betrifft dann die Diaminoxidase (DAO) und die Histamin-N-Methytransferase
(HNMT). Ein Defizit dieser Enzyme ist besonders dann ungünstig, wenn stark Histamin-haltige Lebensmittel wie
Schokolade, Hartkäse, Wein oder Bier verzehrt werden.
Zöliakie und Glutensensitivität
Einige Menschen leiden nach dem Genuss von Weizen und anderen Getreiden an Bauchschmerzen, Durchfall und
Blähungen. In diesem Fall kann eine Zöliakie vorliegen, die sogar zu krankhaften Veränderungen der Darmschleimhaut
führen kann. Diese Zottenatrophie kann Entwicklungsstörungen zur Folge haben, weil die Erkrankung oft schon im
Kindesalter aufflammt. Auch Depressionen sind häufig mit den heftigen Beschwerden verbunden. Die Zöliakie gehört
nicht zu den Allergien, trotzdem sind durch den Krankheitsverlauf die Werte der Immunglobuline A erhöht. Aufgrund
der Beteiligung des Immunsystems ist die Darmstörung mit Autoimmunkrankheiten vergesellschaftet. Daher leiden die
Patienten parallel unter Hashimoto-Thyreoiditis, Diabetes Typ I oder Arthritis.
Eine ähnliche Erkrankung ist die Glutensensitivität, die aber neben den Magen-Darm-Beschwerden keine ernsten
Folgeerkrankungen zeitigt. Wenn die Symptome nach dem Verzehr von Weizen auftreten, die Immunglobuline E aber
nicht erhöht sind, handelt es sich um eine Glutensensitivität und nicht um eine Weizenallergie.
Ursachen umstritten
Die Zöliakie und die Glutensensitivität werden nach allgemeiner Auffassung von den Klebereiweißen im Weizen und
nah verwandten Gräserfrüchten ausgelöst. Doch schlüssig erweisen ist das nicht, andere Überlegungen suchen die
Ursachen in der modernen Landwirtschaft. Getreidezüchter sind bemüht, Sorten mit starker Resistenz gegen Schädlinge
hervorzubringen. Dadurch wächst die Konzentration entsprechender sekundärer Pflanzenstoffe in den Feldfrüchten.
Auch diese biogenen Verbindungen könnten die Weizenunverträglichkeit verursachen.
Unspezifische und funktionelle Intoleranzen
Verdauungsbeschwerden treten auch auf, wenn die Nahrung schlecht abgebaut oder unvollständig resorbiert wird.
Hier kommen einige Ursachen infrage wie ein Mangel an Verdauungs-Enzymen wie bei einer Gallen-Problematik oder
einer verminderten Spaltung der Kohlenhydrate. Oft sind die genauen Auslöser nicht exakt zu benennen, daher spricht
der Arzt von „unspezifischen Nahrungsmittelunverträglichkeiten“. Bei den funktionellen Unverträglichkeiten ist die
Darm-Motorik beeinträchtigt, wodurch der Nahrungsbrei weniger durchmischt und die Verdauung verlangsamt wird.
Diese nicht immer leicht zu definierenden Störungen können erworben, angeboren oder multifaktoriell bedingt
sein.
Erworbene Intoleranzen nehmen zu
Die Fachwelt nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass Nahrungsmittelunverträglichkeiten immer häufiger werden.
Inzwischen sind 50 % aller Menschen betroffen und in Deutschland klagen über 30 % unter mindestens einer Allergie.
Bei insgesamt 3 % der Erwachsenen und 4 % aller Kinder sind Lebensmittel die Auslöser. In Anbetracht dieser Zahlen
stellt sich die Frage, welche Faktoren die Erkrankungen fördern.
Wahrscheinlich ein Ernährungsproblem
Die Flut neuer Chemikalien in unserer Umwelt wächst ständig und löst im Organismus zahlreiche unerwünschte
Reaktionen aus. Auch in unserer täglichen Nahrung tummeln sich Verbindungen, mit denen wir in unserer Evolution
bisher nicht konfrontiert waren. Das gilt besonders dann, wenn wir vorwiegend industriell bearbeitete Lebensmitteln
essen. Es sind nicht nur die Konservierungs-, Farb- und andere Hilfsstoffe, sondern auch die beim
Produktions-Prozess abgewandelten biologischen Bestandteile. So sind die Proteine in dem Fabrik-Food oft verändert,
aber den biogenen Ursprungs-Substanzen noch sehr ähnlich. Damit scheint eine Überforderung des Immunsystems
einherzugehen, gerade weil die Ketten-Moleküle aufgrund ihrer abgewandelten Struktur nicht mehr vollständig verdaut
werden können. Den ersten Kontakt mit den Triggern hat das darmeigene Immunsystem, weswegen die auch die ersten
Beschwerden dort auftreten.
Immunsystem aus der Balance
Die Irritation der Körperabwehr zeigt sich bei vielen Nahrungsmittelunverträglichkeiten an Labor-Befunden auch dann, wenn keine
Antigen-Antikörper-Reaktionen zu direkten Beschwerden führen. Bei Reihenuntersuchungen an Patienten mit
Nahrungsmittelintoleranzen waren oft die Konzentrationen der Immunglobuline G4 (IgG4) erhöht. Auch die Zahl der
T-Helferzellen 1 (TH1) war ungewöhnlich hoch. Diese Ergebnisse betrafen vielfach auch Menschen mit
Tumor-Erkrankungen, was auf einen Zusammenhang der Intoleranzen mit der Krebsentstehung hindeutet. Seit langem
ist bekannt, dass eine unausgewogene TH1/TH2-Balance erhebliche Langzeit-Risiken in sich birgt.
Die Ernährung sollte möglichst natürlich sein
Immer mehr wird eine gesündere, das heißt naturbelassene Ernährung aus frischen Zutaten gefordert. Dies muss vor
dem Hintergrund der zunehmenden, erworbenen Nahrungsmittelintoleranzen an dieser Stelle nochmals unterstrichen
werden.
Angeborene Enzym-Defekte
Die wichtigste therapeutische Maßnahme bei allen Nahrungsmittelunverträglichkeiten ist die Vermeidung des
verursachenden Lebensmittels. Das gilt nicht nur für die erworbenen, sondern auch für die genetisch bedingten
Intoleranzen. Dazu zählen die Enzym-Defekte, bei denen Stoffwechsel-Enzyme durch fehlerhafte DNA-Abschnitte nicht
richtig funktionieren oder völlig wirkungslos sind.
Die Laktoseintoleranz
Die Intoleranz gegen Laktose (Milchzucker) beim Erwachsenen ist die Folge einer zu geringen oder völlig
unterbleibenden Produktion des Verdauungs-Enzyms Laktase. Diese Laktoseintoleranz) führt zu einer Malabsorptionen (mangelhafte Aufnahme) von Milchzucker,
der unverdaut in den Dickdarm geleitet wird. Dort metabolisieren Bakterien das Disaccharid und es kommt zu
Blähungen, Bauchschmerzen und vor allem Durchfall. Menschen mit dieser Störung müssen Milch und Milch-Produkte
vom Speisezettel streichen oder Laktase in Tablettenform einnehmen, wenn sie Milchzucker verzehren.
Die Fruktoseintoleranz
Auch die angeborene Fruktoseintoleranz beruht auf genetisch bedingten Defekten. Bei einem Mangel an dem
Leber-Enzym Aldolase kann der Fruchtzucker nicht zu Frucose-1-Phosphat transformiert werden. Das
Stoffwechselzwischen-Produkt reichert sich im Körper an und führt über verschiedene biochemische
Steuerungs-Mechanismen zu Hypoglykämien.
Unbehandelt kann die Frukstoseintoleranz sogar eine Leberzirrhose zur Folge haben.
Bei der intestinalen Fruktoseintoleranz beruht Unverträglichkeit auf einer Malabsorption des Fruchtzuckers. Bei
dieser Erkrankung ist ein Fruktosetransport-Protein in den Dünndarmzellen defekt. Die genetische Störung führt dann
im Dickdarm zu Beschwerden, weil der Fruchtzucker dort bakteriell abgebaut wird. Menschen mit diesen beiden
Erkrankungen sollten keinen Fruchtzucker konsumieren.
Dieser Beitrag wurde letztmalig am 28.01.2019 aktualisiert
|