Für viele Menschen sind Schmerzmittel nicht mehr aus dem Leben wegzudenken. HüftschmerzenRückenschmerzen und Knieschmerzen sind für fast 25 Prozent der Erwachsenen ein Dauerzustand, der einen langfristigen Schmerzmitteleinsatz scheinbar notwendig macht. Das Robert-Koch-Institut wies 2014 darauf hin, dass 50 % der Deutschen regelmäßig frei verkäufliche Schmerzmittel schlucken.

Der Hausarzt weiß in der Regel nichts davon. Mehr als 10 % der männlichen Teenager und 6 % der Mädchen nehmen die Mittel regelmäßig ein. Das ist durch eine Studie aus 2014 belegt.

Kopfschmerzen wie die Volkskrankheit Migräne sind ein häufiger Grund für die chronische Eigen-Medikation. Doch schon bei den empfohlenen Dosierungen drohen Schäden.

Viele Menschen wissen dabei (immer noch) nicht, dass sie die Schmerzmittel nicht öfter als an 10 Tagen des Monats einnehmen sollten – was ich übrigens schon für sehr viel halte!! Umso bedenklicher ist die Tatsache, dass der Gebrauch der vermeintlich ungefährlichen Medikamente immer mehr zunimmt. Bereits 2015 schätzten Fachärzte der Schmerzklinik Kiel die jährlichen Einzeldosen der Deutschen auf 2,5 Milliarden.

Apotheken verkaufen jedes Jahr 100 Millionen Packungen mit Paracetamol, Ibuprofen, Aspirin und Diclofenac. Diese nichtsteroidale Antirheumatika sollen angeblich kein ausgesprochenes Suchtpotential in sich tragen.

Einige Wissenschaftler bestreiten das und weisen auf Beschwerden hin, die bei langfristigem Gebrauch der Mittel auftreten. Der Körper gewöhnt sich an die Chemikalien, die in immer höheren Dosierungen eingenommen werden, weil sich etwa Kopfschmerzen verstärken. Daneben kommt es zu Schlafstörungen, Magen-Darm-Unpässlichkeiten und Erschöpfungszuständen.

Die Beschwerden können als Entzugserscheinungen interpretiert werden, obwohl Analgetika nicht psychotrop wirken. Damit fehlt den Präparaten das “offizielle” Suchtkriterium. Erschwerend kommt hinzu, dass Ärzte Schwierigkeiten haben, aufgrund der unspezifischen Symptomatik die Ursache zu finden.

Ein Blick in den “Waschzettel”

Wir hören doch immer wieder von den strengen Zulassungsbedingungen für Medikamente in der EU und in Deutschland. Doch Mittel wie Aspirin und Paracetamol sind ja sehr alte Präparate, die noch in der Frühgeschichte der Arzneimittelbewertung genehmigt wurden. Und seitdem sind sie ohne Nachprüfung frei im Handel.

Auch wenn man sich zum Beispiel einmal die Liste an Nebenwirkungen auf Drugs.com für Ibuprofen anschaut, dann sind berechtigte Zweifel an der „Sicherheit“ der Substanz(en) angebracht:

„Constipation; diarrhea; dizziness; gas; headache; heartburn; nausea; stomach pain or upset. Seek medical attention right away if any of these SEVERE side effects occur when using Ibuprofen: Severe allergic reactions (rash; hives; itching; trouble breathing; tightness in the chest; swelling of the mouth, face, lips, or tongue); bloody or black, tarry stools; change in the amount of urine produced; chest pain; confusion; dark urine; depression; fainting; fast or irregular heartbeat; fever, chills, or persistent sore throat; mental or mood changes; numbness of an arm or leg; one-sided weakness; red, swollen, blistered, or peeling skin; ringing in the ears; seizures; severe headache or dizziness; severe or persistent stomach pain or nausea; severe vomiting; shortness of breath; stiff neck; sudden or unexplained weight gain; swelling of hands, legs, or feet; unusual bruising or bleeding; unusual joint or muscle pain; unusual tiredness or weakness; vision or speech changes; vomit that looks like coffee grounds; yellowing of the skin or eyes.“

Weniger Paracetamol, mehr Ibuprofen

Ibuprofen ist also keineswegs ohne Risiko wie dies viele Menschen offensichtlich vermuten. Denn längst ist ein Trend weg vom Paracetamol hin zur vermeintlichen Alternative „Ibu“ zu verzeichnen. Die schweren Leberschäden durch Paracetamol haben sich demnach inzwischen herumgesprochen. Die NSARs (zu denen Paracetamol teils auch gerechnet wird) bergen aber noch viel mehr Risiken.

Schweizer Mediziner warnen jetzt, dass diese angeblich so gut vertragenen und sicheren Medikamente vielleicht doch ein Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle und sonstige Herz-Kreislauf-Erkrankungen darstellen können.

In einer Übersichtsarbeit im Britisch Medical Journal wurden Schmerzmittel auf ihre Sicherheit und Verträglichkeit untersucht . Hier wurden sieben schmerzlindernde Wirkstoffe unter die Lupe genommen. Es zeigte sich, dass die Einnahme das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall oder eine andere Herz-Kreislauf-Erkrankung mit Todesfolge verdoppelt bis vervierfacht.

Das Team des Berner Epidemiologen Peter Jüni initiierte eine Meta-Analyse von 31 Studien, die zusammen mehr als 116.000 Patienten enthielten. Diese Patienten waren regelmäßige Konsumenten von Schmerzmitteln. Die Schmerzmittel waren Naproxen (Mobilat), Ibuprofen (Dolormin), Diclofenac (Voltaren), Celecoxib (Celebrex) und Etoricoxib (Arcoxia). Zwei Wirkstoffe, die nicht mehr auf dem Markt sind, nämlich Rofecoxib (Vioxx) und Lumiracoxib (Prexige), wurden ebenfalls in die Auswertung mit einbezogen.

Gefahr für Kreislauf, Nieren und Leber

Die Schweizer Forscher konnten in ihrer Auswertung zeigen, dass ein regelmäßiger Gebrauch von Ibuprofen das Risiko für einen Schlaganfall verdreifachte. Diclofenac zeigte ein ähnlich hohes Risiko.

Vioxx verdoppelte das Risiko für einen Herzinfarkt, ebenso Lumiracoxib (Prexige), das 2007 aufgrund von schweren Nebenwirkungen vom Markt genommen wurde.

Diclofenac und Etoricoxib zeigten sogar ein vierfach erhöhtes Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben. Naproxen entpuppte sich als der von allen „sicherste“ Schmerzmittelkandidat. Allerdings zeichnet die Substanz sich durch besonders intensive Magen-Darm-Trakt-Nebenwirkungen aus.

Wo sonst NSAR als sicher und ungefährlich galten, kam diese Traumvorstellung zu einem jähen Ende, als Vioxx 2004 vom Markt genommen werden musste. Begründung: Tödliche Nebenwirkungen (gehäufte Schlaganfälle und Herzinfarkte). Prexige, ein Diclofenac Abkömmling, folgte auf dem Fuße. Hier waren schwere Leberschäden mit Todesfolge bzw. der Notwendigkeit einer Lebertransplantation berichtet worden.

Das zentrale Stoffwechselorgan reagiert besonders empfindlich auf Paracetamol. Eine Studie der Universität North Carolina stellte bei 27 % der untersuchten jungen Menschen, die das Medikament eingenommen hatten, reversible Beeinträchtigungen der Leber fest. Ärztlichen Erfahrungsberichten zufolge kann sogar schon bei empfohlener Dosierung ein Leberversagen eintreten. Deswegen wird Paracetamol sogar in suizidaler Absicht verwendet.

Besonders hoch ist das Risiko der Nebenwirkungen bei Sportlern. Viele Untersuchungen belegen den weitverbreiteten Missbrauch der Analgetika als Schmerzdämpfer sogar vor dem Training. Immer öfter berichten die Medien vom plötzlichen Herztod eines Athleten, der mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die vorbeugende Einnahme der Mittel verursacht wurde. Schon junge Sportler werden von den Trainern zum prophylaktischen Griff zu Analgetika erzogen. Auch im Amateurbereich sind die Tabletten mittlerweile Gang und Gebe.

Laut Correctiv und ARD schlucken 40 % der Laiensportler Schmerzmittel vor dem Training und dem Wettkampf. Diese Ergebnisse kamen bei Interviews bei 1.100 Amateuren zutage. Dr. Thomas Rüther von der Deutschen Sporthochschule Köln stellte bei Marathon-Events fest, dass zwei von 10 Läufern Schmerzkiller konsumiert hatte. Eine Studie der Friedrich-Alexander-Universität konnte sogar zeigen, dass die Hälfte aller Marathon-Läufer die Schmerzdämpfer als Prophylaktikum nutzte.

Gerade die Langstreckenläufer riskieren Nierenschäden, weil sie während des Laufes wenig trinken. Die schon dadurch gestressten Nieren erleiden durch die Chemikalien einen weiteren Schlag. Dieses Phänomen wurde durch die Medien bekannt, als sich Ivan Klasni? eine Nierentransplantation unterziehen musste. Der Fußballstar aus der Bundesliga hatte die  Ausscheidungsorgane wahrscheinlich durch Schmerzmittel zerstört.

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Noch höheres Risiko in der Schwangerschaft

Viel zu wenig untersucht ist die Gefahr für die Leibesfrucht durch NSARs. Immerhin warnen Osnabrücker Wissenschaftler vor Paracetamol, das bei den Neugeborenen Asthma auslösen kann. Dasselbe gilt auch, wenn bereits Kleinkinder das Medikament nehmen. Dies kann sogar schnell zum Tode führen, denn 1 g (2 Tabletten zu 500 mg!) gelten für Kleinkinder als letale Dosis.

Eine dänische Studie zeigt, dass Jungen verstärkt unter Hodenhochstand leiden, wenn ihre Mutter Paracetamol während der Schwangerschaft verwendet hatte. In der Kombination mit Ibuprofen erwies sich dieses Risiko nochmals als drastisch erhöht. Die Fehlbildung hat oft die Unfruchtbarkeit im Mannesalter zur Folge.

Diese Tatsachen werfen die Sicherheitsfrage aller NSARs auf. Denn alle diese Substanzen schädigen offensichtlich gleich mehrere Organe und Organ-Systeme. Gerade der Angriff auf die Gefäße führt logischerweise zu Langzeitfolgen. Mit entscheidend ist hier neben der Einnahmedauer auch die Höhe der Dosierungen. Was aber genau die deletären Folgen zeitigt, welcher Mechanismus die negativen Langzeiteffekte bedingt, ist bis heute unklar.

Die leichtfertige Einnahme der billigen rezeptfreien Mittel wird durch teure schöne Werbung vorangetrieben. Diese Art des verantwortungslosen Advertisings sollte laut einiger Experten verboten werden. Auch eine Rezeptpflicht für die Mittel wäre ein geeigneter Schritt, um den Missstand zu bekämpfen. Der Sportausschuss des Deutschen Bundestages plant für 2021 eine öffentliche Diskussion zum Thema “Sport und Analgetika”. Hoffentlich ist das die Grundlage für entschiedene Maßnahmen gegen den Medikamenten-Missbrauch.

Alternativen sind gefragt

Wer also unter Dauerschmerz leidet, wird sicherlich mit den Ergebnissen dieser Studie nicht gut schlafen können. Peter Jüni rät dann auch, Bewegung als alternative Schmerztherapie anzusetzen. Zu beachten sind auch psychische Aspekte, die zur Schmerzempfindung immer dazu gehören.

Leserkommentar: „Und wenn ich mich vor Schmerzen nicht mehr bewegen kann?“ Aber vielleicht kann man sich ja unter Schmerzmittelwirkung besser bewegen, mehr Bewegung in den Alltag einflechten und durch dieses Vorgehen langsam den Tablettenkonsum abbauen?

Gerade in der Schmerztherapie gibt es genug Alternativen zur chemischen Keule. Akupunktur wäre eine davon, die sogar teilweise von der Schulmedizin als wirksam anerkannt wird.

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Beitragsbild: pixabay.com – Matvevna

Der Beitrag wurde 2011 erstellt und letztmalig von mir am 07.08.2020 aktualisiert und ergänzt.